18. VIII. 16
Der Himmel hängt voll der schwerste nr Wolken, fortdauernd Regenstimmung, mit nur hie u. da aussetzenden Regen. — — Serpentinenanlage im Gebirge finde nt ihre Rechtfertigung in dringenden Momenten psychologischen u. physiologischen Charakters. Den Touristen im Aufsteigen befreit die Serpentine von der drückenden Vorstellung, die mit einem nach derselben Richtung steil ansteigenden Weg allezeit verbunden ist. Schon optisch wird die Schwierigkeit durch wiederholte Ablenkung in Seitwärtsrichtungen gleichsam zergliedert u. dadurch wesentlich gemildert. Eine solche psychische Milderung wirkt sicher auch auf physiologische Organe zurück u. es fällt auch dem Körper leichter, was der Seele leichter geworden. Zudem kommt die Erleichterung rein physiologischer Art, sofern aus der veränderten Richtung sich auch eine Veränderung der Stellung des Körpers ergibt, die dem arbeitenden Herzen zum Vorteil gereicht. Beim Abstieg gewährt die Serpentine den Vorteil, vom rollenden schweren Körper die Gefahr abzuwenden, die mit der Einhaltung derselben Richtung nach unabänderlichen physikalischen Gesetzen verbunden ist. Indem der Körper seitwärts der Hauptrichtung ausbiegt, genießt er die Bequemlichkeit einer verminderten Wucht im Abwärtsrollen! — *Von Herrn u. Frau Vrieslander Br.; die Verzögerung der Antwort ist nun erklärt: V. [s] Nerven wurden hart mitgenommen, er wurde sogar auf eine Beobachtungsstation gebracht u. schließlich für dienstuntauglich erklärt. Weilt offenbar zuhause! Beide danken für das Bild. – Wer V. [s] Gestalt gesehen, muß sich nicht wenig darüber wundern, daß schon eine so kurze Militärtätigkeit schon einen so starken Zusammenbruch herbeiführen konnte. — *Bankverein legt Rechnung pro 30. Juni. — *{383} An Frau Pairamall Br; beeile mich, Wünsche für Genesung zu schicken; schlage Kraus eigens aus dem Gesprächsfeld, um mir Bosheiten vom Halse zu halten u. erwähne endlich der harten großen Arbeit. Bitte um Nachricht vom Semmering. — An Frl. König K; Dank für ihre Karte. — *Da ich nach Tisch im Zimmer bei Arbeit weilte, kam ein Steinchen hereingeflogen, das eines der Kinder mit Absicht geschleudert; die Kinder liefen davon u. ich hörte deutlich den Ruf „Anton“, Kein Zweifel, daß sich der 6-jährige Anton für die Hiebe gerächt hat, die ihn erreichten, nachdem er schon einmal Steinchen ins Zimmer praktiziert hatte. Dieses Ereignis bringt mir in Erinnerung, wie auch vor 9 Jahren u. ebenfalls in St. Anton der nunmehr gefallene Herr Trier Steinchen oder dgl. nach mir schleuderte, da ich mit Lie-Liechen unterhalb der Veranda nach Tisch saß. Solche Bubenstücke haben Methode: Es ringt sich in ihnen geheimnisvollerweise etwas zum Ausdruck, was man derjenige nicht übersehen darf, wenn man [d]er die Natur der menschlichen Bestie erforschen will. Eine elementare Antipathie führt hier die Hand zum Fre fvel, die nicht etwa auf moralischer Verurteilung eines minderwertigen Menschen, sondern im Gegenteil auf Neid wider unerreichbarer Qualitäten zurückzuführen ist. Das überragende Bild muss entfernt, zerstört werden, wenn die eigene minderwertige Natur Ruhe finden soll. Mit welchem Behagen erzählte mir doch der verstorbene A. v. Goldschmidt, wie er mich mit kochendem Haß mich verfolgte, so oft er nur meiner aus dem Fenster des Caféhauses Scheidl ansichtig wurde, mit einem Haß, den er selbst nicht begreifen konnte, da er mich persönlich gar nicht kannte, ich überdies jung war u. kaum erst in die Oeffentlichkeit zu treten begann! — *Der Kaisergeburtstagstisch wird reichlich, allzu reichlich gedeckt; Torte u. Obst müssen wir sogar zurückstellen. Die anderen Gäste trinken aus Patriotismus Champagner – ich trinke {384} eine Donauperle. 1 Es ereignet sich auch, daß eine einfachere Frau heute zufällig mit unter den Gästen ist; dieser Frau nun läßt die Frau Hofrat ein Glas Sekt, u. hernach die Frau des Generalleutnants ein Glas Café verabreichen, – nur weil ihnen die Naturalien ohnehin schon zum Halse herauswachsen u. sie sie übrigens nicht noch einmal zu bezahlen brauchten. Nicht einmal aber zu der einfachen Einsicht konnten schwingen sie sich auf, daß eine Frau, die seit etwa 2 Tagen in unserem Hotel lebt, schläft u. ißt, den Mittagstisch in demselben Raume einnimmt, in dem die Pensionäre zu Tisch essen, unmöglich eine arme, ärmliche Bauersfrau sein kann. 2 *Der Reiche lernt essen u. läßt sich die sogenannte Kultur des Essens gern eine lange Schule kosten; gewissermaßen absolviert er viele Eßklassen! Nur den Klassen wahrer Bildung geht er weit aus dem Wege. — — Der Reiche: Zum sogenannten guten Ton der Gesellschaft gehört es, bei Tisch Themen wie Gange Gänge herumgehen zu lassen: soviel Gänge, so viel Themen, aber von allem allen nur ein wenig! Eine Ausnahme macht ausschließlich nur das Thema der Reisen, – auf Reisen sind die Reichen zuhause! Und davon können auch sie selbst bei Tisch bis zum Ueberdruss quatschen, bis auch diese Passion wie eine Citrone ausgequetscht daliegt. 3 — *Wie der Mensch den Zufall verstehen will: Sofern es um seinen eigenen Vorteil geht, ist wäre der Mensch sehr dafür eingenommen, daß auch die Naturgesetze Löcher haben sollten, ähnlich wie die Gesetze, die er selbst schafft. In Im seinem eigenen Interesse wäre er gar nicht abgeneigt z. B. zu wünschen, daß z. B. das Waisenmädchen, das bei einer Lotterie die Röllchen zieht, die Hand, mit der es nach einem ihm fremden Röllchen greift, eben greifend dennoch zugleich fallen läßt ließe; oder daß sich in seinerdessen Hand die fremde Nummer unversehens von selbst in seine eigene verwandle – kurz Verstöße wider Naturgesetze wünscht er heute u. morgen, hier u. dort, um dem Egoismus zu fröhnen [sic] , u. als Zufall u. Wunder würde er solche Verstöße belieben, gerne preisen u. über sich {385} ergehen lassen. Ginge es so nur nach dem Egoismus der Einzelindividuen, so brauchte der liebe Gott unendlich viele Privatsekretäre, die jeweils nach Wunsch der Interessenten Gesetze auch aufzuheben würden ermächtigt wären. Nur Offenbar um Ruhe vor den Dummköpfen zu haben, hat es der liebe Herrgott vorgezogen, es den Naturgesetzen statt Privatsekretären zu überlassen, wie Ordnung auch im Menschengeschlechte zu halten sei, gleichviel ohne Rücksicht ob dieser oder jener mehr oder minder davon schmerzlich betroffen wird. 4 — — — „Wilhelm Meister“, VIII. 4–6. 5 *
© Transcription Marko Deisinger. |
August 18, 1916.
The sky is filled with very heavy clouds, constant threat of rain, but only occasional breaks in the rain. — — A serpentine path in the mountains finds its justification in urgent moments of a psychological and physiological character. The zigzag frees the tourists as they are climbing of the oppressive idea that it is at all times connected with a path that climbs steeply in the same direction. Even from an optical point of view, the difficulty is broken by repeated turns in a sidewards direction, and thus significantly moderated. Such a psychological alleviation surely has a retroactive physiological effect on the organs; and the body also finds easier what has become easier for the soul. In addition, there is the alleviation of a purely physiological nature, insofar as the changes of direction offer the body changes of position, which works to the advantage of the pumping heart. In the descent, the serpentine offers the advantage of preventing the danger of a heavy body rolling, a danger connected with maintaining the same direction in accordance with the immutable laws of physics. By swerving sideways to the principal direction, the body enjoys the comfort of a diminished force in rolling downwards! — *Letter from Mr. and Mrs. Vrieslander; the delay in the letter has now been explained: Vrieslander's nerves were severely tested, he was even put under observation and eventually deemed unfit for service. He is evidently recovering at home! The two of them send thanks for the photograph. Anyone who has seen Vrieslander's physique will not wonder a little why such a short time in military service could lead to such a severe breakdown. — *The Bankverein renders my account as of June 30. — *{383} Letter to Mrs. Pairamall; I hasten to send her best wishes for her recovery; I deliberately leave Kraus out of the conversation in order to keep my anger at bay, and mention at the end my great and difficult work. I ask her for news from Semmering. — Postcard to Miss König; thanks for her postcard. — *While I was at work in my room after lunch, a pebble flew in, which one of the children had flung; the children ran away and I clearly heard the call of "Anton." No doubt that the six-year-old Anton had avenged himself for the beating he received after he had already once practiced flinging pebbles into the rooms. This event reminds me how, nine years ago and likewise in St. Anton, Mr. Trier, who has now been killed in action, flung pebbles at me while was sitting with Lie-Liechen under the porch at lunch. Such knavish tricks have their logic: something is secretly struggling to find expression: something that should not be overlooked by anyone who wishes to probe the nature of human animal. The hand is led here to wickedness by an elemental antipathy, which is to be derived not from a moral condemnation of an inferior person but, on the contrary, from the envy of unattainable qualities. The superior image must be removed, destroyed, if one's own inferior nature is to find peace. With what comfort the late Adalbert von Goldschmidt recounted to me, how he pursued me, with seething hatred, whenever I was merely visible from the window of the coffee house Scheidl – with a hatred that he himself could not understand as he did not know me at all personally and as I was, moreover, young and had hardly begun to step out into public life! — *The Emperor's birthday table is richly, all too richly, decorated. We must actually forgo cake and fruit. The other guests drink champagne, out of patriotism –{384} I drink a "Donauperle." 1 It happens that a simpler lady is among today's guests; the privy councilor's wife administers her a glass of sparkling wine, followed by a glass of coffee from the lieutenant-general's wife – only because they are in any event tired of the ordinary things and they don't even have to pay any more for them. They cannot even come to realize the simple truth that a lady who has been staying in our hotel for about two days, sleeps and eats, and takes her midday meal in the same room where the regular guests have lunch could not possibly be a poor, wretched peasant woman. 2 *The rich man learns to eat and takes pleasure in spending a lot of time being educated in the culture of eating; to a certain extent he graduates from many classes in eating! It is only the classes of true education that he makes a point of avoiding. — The rich man. It is part of the so-called good manners of society, to change the topic of dinner conversation as one changes courses of a meal; so many courses, so many topics, but only a small amount of each! The only exception is the topic of traveling – the rich feel at home when traveling! And they can also gabble on about it ad nauseam, even over a meal, until even this passion lies there like a lemon that has been squeezed dry. 3 — *How people want to understand coincidence: insofar as it works to his own advantage, a person would be very much in favor of natural laws, too, having holes, similarly to the laws that he creates himself. For his own benefit, he would not at all be averse to wish, for example, that the orphan girl who turns the roulette wheel in a lottery drops the wrong number for him even as she is at the point of grabbing it; or that the wrong number in her hand unexpectedly is transformed into his own – in short, he wishes for violations of the laws of nature today and tomorrow, here and there, to indulge his egoism; and he would encourage, gladly command, and endure such violations in the name of coincidence and miracle. {385} If things were to happen in accordance with the egoism of individual beings, then our dear Lord would need so many private secretaries who would be empowered to suspend laws in accordance with the wishes of the individuals concerned. Merely in order to have peace, it seems, in the face of such blockheads, the dear Lord God preferred to leave it to the laws of nature, instead of private secretaries, for order to be preserved in the human race, without considering whether this person or that person would be more or less painfully affected by it. 4 — — Wilhelm Meister, VIII4–6. 5 *
© Translation William Drabkin. |
18. VIII. 16
Der Himmel hängt voll der schwerste nr Wolken, fortdauernd Regenstimmung, mit nur hie u. da aussetzenden Regen. — — Serpentinenanlage im Gebirge finde nt ihre Rechtfertigung in dringenden Momenten psychologischen u. physiologischen Charakters. Den Touristen im Aufsteigen befreit die Serpentine von der drückenden Vorstellung, die mit einem nach derselben Richtung steil ansteigenden Weg allezeit verbunden ist. Schon optisch wird die Schwierigkeit durch wiederholte Ablenkung in Seitwärtsrichtungen gleichsam zergliedert u. dadurch wesentlich gemildert. Eine solche psychische Milderung wirkt sicher auch auf physiologische Organe zurück u. es fällt auch dem Körper leichter, was der Seele leichter geworden. Zudem kommt die Erleichterung rein physiologischer Art, sofern aus der veränderten Richtung sich auch eine Veränderung der Stellung des Körpers ergibt, die dem arbeitenden Herzen zum Vorteil gereicht. Beim Abstieg gewährt die Serpentine den Vorteil, vom rollenden schweren Körper die Gefahr abzuwenden, die mit der Einhaltung derselben Richtung nach unabänderlichen physikalischen Gesetzen verbunden ist. Indem der Körper seitwärts der Hauptrichtung ausbiegt, genießt er die Bequemlichkeit einer verminderten Wucht im Abwärtsrollen! — *Von Herrn u. Frau Vrieslander Br.; die Verzögerung der Antwort ist nun erklärt: V. [s] Nerven wurden hart mitgenommen, er wurde sogar auf eine Beobachtungsstation gebracht u. schließlich für dienstuntauglich erklärt. Weilt offenbar zuhause! Beide danken für das Bild. – Wer V. [s] Gestalt gesehen, muß sich nicht wenig darüber wundern, daß schon eine so kurze Militärtätigkeit schon einen so starken Zusammenbruch herbeiführen konnte. — *Bankverein legt Rechnung pro 30. Juni. — *{383} An Frau Pairamall Br; beeile mich, Wünsche für Genesung zu schicken; schlage Kraus eigens aus dem Gesprächsfeld, um mir Bosheiten vom Halse zu halten u. erwähne endlich der harten großen Arbeit. Bitte um Nachricht vom Semmering. — An Frl. König K; Dank für ihre Karte. — *Da ich nach Tisch im Zimmer bei Arbeit weilte, kam ein Steinchen hereingeflogen, das eines der Kinder mit Absicht geschleudert; die Kinder liefen davon u. ich hörte deutlich den Ruf „Anton“, Kein Zweifel, daß sich der 6-jährige Anton für die Hiebe gerächt hat, die ihn erreichten, nachdem er schon einmal Steinchen ins Zimmer praktiziert hatte. Dieses Ereignis bringt mir in Erinnerung, wie auch vor 9 Jahren u. ebenfalls in St. Anton der nunmehr gefallene Herr Trier Steinchen oder dgl. nach mir schleuderte, da ich mit Lie-Liechen unterhalb der Veranda nach Tisch saß. Solche Bubenstücke haben Methode: Es ringt sich in ihnen geheimnisvollerweise etwas zum Ausdruck, was man derjenige nicht übersehen darf, wenn man [d]er die Natur der menschlichen Bestie erforschen will. Eine elementare Antipathie führt hier die Hand zum Fre fvel, die nicht etwa auf moralischer Verurteilung eines minderwertigen Menschen, sondern im Gegenteil auf Neid wider unerreichbarer Qualitäten zurückzuführen ist. Das überragende Bild muss entfernt, zerstört werden, wenn die eigene minderwertige Natur Ruhe finden soll. Mit welchem Behagen erzählte mir doch der verstorbene A. v. Goldschmidt, wie er mich mit kochendem Haß mich verfolgte, so oft er nur meiner aus dem Fenster des Caféhauses Scheidl ansichtig wurde, mit einem Haß, den er selbst nicht begreifen konnte, da er mich persönlich gar nicht kannte, ich überdies jung war u. kaum erst in die Oeffentlichkeit zu treten begann! — *Der Kaisergeburtstagstisch wird reichlich, allzu reichlich gedeckt; Torte u. Obst müssen wir sogar zurückstellen. Die anderen Gäste trinken aus Patriotismus Champagner – ich trinke {384} eine Donauperle. 1 Es ereignet sich auch, daß eine einfachere Frau heute zufällig mit unter den Gästen ist; dieser Frau nun läßt die Frau Hofrat ein Glas Sekt, u. hernach die Frau des Generalleutnants ein Glas Café verabreichen, – nur weil ihnen die Naturalien ohnehin schon zum Halse herauswachsen u. sie sie übrigens nicht noch einmal zu bezahlen brauchten. Nicht einmal aber zu der einfachen Einsicht konnten schwingen sie sich auf, daß eine Frau, die seit etwa 2 Tagen in unserem Hotel lebt, schläft u. ißt, den Mittagstisch in demselben Raume einnimmt, in dem die Pensionäre zu Tisch essen, unmöglich eine arme, ärmliche Bauersfrau sein kann. 2 *Der Reiche lernt essen u. läßt sich die sogenannte Kultur des Essens gern eine lange Schule kosten; gewissermaßen absolviert er viele Eßklassen! Nur den Klassen wahrer Bildung geht er weit aus dem Wege. — — Der Reiche: Zum sogenannten guten Ton der Gesellschaft gehört es, bei Tisch Themen wie Gange Gänge herumgehen zu lassen: soviel Gänge, so viel Themen, aber von allem allen nur ein wenig! Eine Ausnahme macht ausschließlich nur das Thema der Reisen, – auf Reisen sind die Reichen zuhause! Und davon können auch sie selbst bei Tisch bis zum Ueberdruss quatschen, bis auch diese Passion wie eine Citrone ausgequetscht daliegt. 3 — *Wie der Mensch den Zufall verstehen will: Sofern es um seinen eigenen Vorteil geht, ist wäre der Mensch sehr dafür eingenommen, daß auch die Naturgesetze Löcher haben sollten, ähnlich wie die Gesetze, die er selbst schafft. In Im seinem eigenen Interesse wäre er gar nicht abgeneigt z. B. zu wünschen, daß z. B. das Waisenmädchen, das bei einer Lotterie die Röllchen zieht, die Hand, mit der es nach einem ihm fremden Röllchen greift, eben greifend dennoch zugleich fallen läßt ließe; oder daß sich in seinerdessen Hand die fremde Nummer unversehens von selbst in seine eigene verwandle – kurz Verstöße wider Naturgesetze wünscht er heute u. morgen, hier u. dort, um dem Egoismus zu fröhnen [sic] , u. als Zufall u. Wunder würde er solche Verstöße belieben, gerne preisen u. über sich {385} ergehen lassen. Ginge es so nur nach dem Egoismus der Einzelindividuen, so brauchte der liebe Gott unendlich viele Privatsekretäre, die jeweils nach Wunsch der Interessenten Gesetze auch aufzuheben würden ermächtigt wären. Nur Offenbar um Ruhe vor den Dummköpfen zu haben, hat es der liebe Herrgott vorgezogen, es den Naturgesetzen statt Privatsekretären zu überlassen, wie Ordnung auch im Menschengeschlechte zu halten sei, gleichviel ohne Rücksicht ob dieser oder jener mehr oder minder davon schmerzlich betroffen wird. 4 — — — „Wilhelm Meister“, VIII. 4–6. 5 *
© Transcription Marko Deisinger. |
August 18, 1916.
The sky is filled with very heavy clouds, constant threat of rain, but only occasional breaks in the rain. — — A serpentine path in the mountains finds its justification in urgent moments of a psychological and physiological character. The zigzag frees the tourists as they are climbing of the oppressive idea that it is at all times connected with a path that climbs steeply in the same direction. Even from an optical point of view, the difficulty is broken by repeated turns in a sidewards direction, and thus significantly moderated. Such a psychological alleviation surely has a retroactive physiological effect on the organs; and the body also finds easier what has become easier for the soul. In addition, there is the alleviation of a purely physiological nature, insofar as the changes of direction offer the body changes of position, which works to the advantage of the pumping heart. In the descent, the serpentine offers the advantage of preventing the danger of a heavy body rolling, a danger connected with maintaining the same direction in accordance with the immutable laws of physics. By swerving sideways to the principal direction, the body enjoys the comfort of a diminished force in rolling downwards! — *Letter from Mr. and Mrs. Vrieslander; the delay in the letter has now been explained: Vrieslander's nerves were severely tested, he was even put under observation and eventually deemed unfit for service. He is evidently recovering at home! The two of them send thanks for the photograph. Anyone who has seen Vrieslander's physique will not wonder a little why such a short time in military service could lead to such a severe breakdown. — *The Bankverein renders my account as of June 30. — *{383} Letter to Mrs. Pairamall; I hasten to send her best wishes for her recovery; I deliberately leave Kraus out of the conversation in order to keep my anger at bay, and mention at the end my great and difficult work. I ask her for news from Semmering. — Postcard to Miss König; thanks for her postcard. — *While I was at work in my room after lunch, a pebble flew in, which one of the children had flung; the children ran away and I clearly heard the call of "Anton." No doubt that the six-year-old Anton had avenged himself for the beating he received after he had already once practiced flinging pebbles into the rooms. This event reminds me how, nine years ago and likewise in St. Anton, Mr. Trier, who has now been killed in action, flung pebbles at me while was sitting with Lie-Liechen under the porch at lunch. Such knavish tricks have their logic: something is secretly struggling to find expression: something that should not be overlooked by anyone who wishes to probe the nature of human animal. The hand is led here to wickedness by an elemental antipathy, which is to be derived not from a moral condemnation of an inferior person but, on the contrary, from the envy of unattainable qualities. The superior image must be removed, destroyed, if one's own inferior nature is to find peace. With what comfort the late Adalbert von Goldschmidt recounted to me, how he pursued me, with seething hatred, whenever I was merely visible from the window of the coffee house Scheidl – with a hatred that he himself could not understand as he did not know me at all personally and as I was, moreover, young and had hardly begun to step out into public life! — *The Emperor's birthday table is richly, all too richly, decorated. We must actually forgo cake and fruit. The other guests drink champagne, out of patriotism –{384} I drink a "Donauperle." 1 It happens that a simpler lady is among today's guests; the privy councilor's wife administers her a glass of sparkling wine, followed by a glass of coffee from the lieutenant-general's wife – only because they are in any event tired of the ordinary things and they don't even have to pay any more for them. They cannot even come to realize the simple truth that a lady who has been staying in our hotel for about two days, sleeps and eats, and takes her midday meal in the same room where the regular guests have lunch could not possibly be a poor, wretched peasant woman. 2 *The rich man learns to eat and takes pleasure in spending a lot of time being educated in the culture of eating; to a certain extent he graduates from many classes in eating! It is only the classes of true education that he makes a point of avoiding. — The rich man. It is part of the so-called good manners of society, to change the topic of dinner conversation as one changes courses of a meal; so many courses, so many topics, but only a small amount of each! The only exception is the topic of traveling – the rich feel at home when traveling! And they can also gabble on about it ad nauseam, even over a meal, until even this passion lies there like a lemon that has been squeezed dry. 3 — *How people want to understand coincidence: insofar as it works to his own advantage, a person would be very much in favor of natural laws, too, having holes, similarly to the laws that he creates himself. For his own benefit, he would not at all be averse to wish, for example, that the orphan girl who turns the roulette wheel in a lottery drops the wrong number for him even as she is at the point of grabbing it; or that the wrong number in her hand unexpectedly is transformed into his own – in short, he wishes for violations of the laws of nature today and tomorrow, here and there, to indulge his egoism; and he would encourage, gladly command, and endure such violations in the name of coincidence and miracle. {385} If things were to happen in accordance with the egoism of individual beings, then our dear Lord would need so many private secretaries who would be empowered to suspend laws in accordance with the wishes of the individuals concerned. Merely in order to have peace, it seems, in the face of such blockheads, the dear Lord God preferred to leave it to the laws of nature, instead of private secretaries, for order to be preserved in the human race, without considering whether this person or that person would be more or less painfully affected by it. 4 — — Wilhelm Meister, VIII4–6. 5 *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 Donauperle: an Austrian sparkling wine, produced and distributed by Franz Leibenfrost & Comp., which was located on the Nußberg, near Vienna. 2 Marginal remark in Schenker's hand: Gesellschaft ("society"). 3 At the beginning of these entries, in Schenker's hand: Reiche ("the rich"). 4 At the beginning of these entries, in Schenker hand: Zufall ("coincidence"). 5 Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre (Wilhelm Meister's Apprenticeship), vol. 1, first published in 1795 (Berlin: Johann Friedrich Unger). |