Browse by
UMdK Z 641 D/1924, [1] - Handwritten letter from Schenker to Joseph Marx (Akademie für Musik) to Schenker, dated December 3, 1924
[in upper and left margins, handwritten by Akademie
archivist:]
z Z. 641/D 24. [—] Aus [?zl] J D von 1924 [—] 641/D II. v. III. Mb. K. ⇧ Hochgeehrter Herr Hofrat! 1 Rechtsanwalt Dr Ernst Lamberg verständigte mich mit Brief vom 1. VII. d.J., 2 daß das Künstler-Stipendium der Frau Sophie Deutsch , 3 die an 20 Jahre meine Schülerin gewesen ist, in die Hände der Akademie gebracht worden u. daß diese beschlossen hat, nur für Lebensdauer ihre Ternavorschläge bekanntzugeben. Indem ich mich nun unmittelbar an Sie wende, mache ich den Versuch, Sie für eine leichte Änderung dieser Lösung zu gewinnen, die, ohne die neu erworbenen Rechte der Akademie zu schädigen, vorübergehend doch auch der anders gearteten wahren 4 Absicht der Erblasserin entspräche. Ich will nicht weit ausholen u. Ihnen überflüssig Zeit rauben, nur das Notwendige bekanntgeben. Nicht allein aus den vielen Gesprächen mit meiner Schülerin, sondern auch aus der deutlich im Testament enthaltenen Anordnung weiß ich, daß sie an eine Beteilung von {2} Künstlern dachte, die gleichviel ob jung oder alt, ob in Österreich oder in Deutschland oder sonstwo zu Hause, gleichviel auch, ob einer Schule noch zugehörend oder schon längst einen bedeutenden Namen tragend, das (zu ihrer Zeit immerhin bedeutende) Geld zur Linderung von Not oder als Hilfeleistung, z.B. für die Herausgabe eines geplanten Werkes 5 durch mich erhalten sollten. [in lower margin of p. 1:] ⇧ 20.000.000 Kr erlegt Zentralspark. Gem. Wien N34513 unter „Sofie Deutsch Musikstipendium“.[end cue] ⇧ So sehr war das allein ihr Wunsch, daß sie im Testament für den Fall meines Ablebens ausdrücklich das völlige Anheimfallen des für das Stipendium ausgeworfenen Kapitals an den Verein zur Ausspeisung armer Schulkinder vorgesehen hat! Um die empfangenden Künstler durchaus zu schonen, wünschte meine Schülerin, daß ich die Beteilung im Stillsten vornehme, ohne daß ein dritter von der Zuwendung überhaupt etwas erführe. Und ganz im Einklang mit diesem testamentarisch geäußerten Wunsch waren auch der Bruder der Erblasserin, der bekannte Besitzer der „Ankerbrot“fabrik, der Anwalt der Masse u. schließlich noch im Frühjahr 1924 der Hofrat bei Gericht, als sie mich baten, die Verteilung auf mich zu nehmen. In den ersten drei Jahren nach dem Tode der Erblasserin, noch ehe die An- {3} die Angelegenheit geklärt war, habe ich in der That das Stipendium an drei Künstler von Rang völlig geheim verschickt, dann freilich stellte ich die Versendung ein, da es schien, als würde das Stipendium überhaupt nicht auf die Beine kommen. Nun brauche ich Ihnen, sehr geehrter Herr Hofrat, nicht noch näher zu erklären, worin der Gegensatz der gegenwärtigen Lösung gegen den Wunsch der Erblasserin zutage tritt. Von welcher Seite u. weshalb die Pietät gegen sie im obigen Sinne verletzt worden ist, weiß ich nicht; ebensowenig weiß ich, weshalb der Verein bei seiner letzten Beschlußfassung nicht auch mich befragt hat. Nachdem ich Hr. Dr Lamberg gegenüber meine Bedenken schriftlich geäußert, wies er mich mit Brief vom 11. VII. d.J. 6 auf den Weg einer unmittelbaren Aussprache mit Ihnen. So frage ich Sie dann also, ob Sie willens wären, den so deutlich gefaßten Wunsch der Verstorbenen mit mir zu ehren u. für die restlichen Jahre meines Lebens mir vertrauensvoll die Verfügung über die Zinsen so zu überlassen, daß ich wieder in die Lage komme, des Ehrenamtes geheim zu walten. Für den Fall, daß Sie, sehr geehrter {4} Herr Hofrat, keine Veranlassung fänden, in diesen Gedanken der Pietät einzustimmen, müßte ich freilich auf jede Mitwirkung verzichten, gewiß nicht etwa aus Unfreundlichkeit wider die Akademie, die mir völlig ferne liegt, sondern im Bewußtsein, daß ich dem Wunsch meiner verstorbenen Schülerin entgegenträte. Hoffentlich aber finde ich Sie meinem Ansuchen geneigt u. verbleibe in ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebener [signed:] H Schenker 3. Dezember 1924 III., Keilgasse 8. © Transcription Ian Bent, 2013 |
[in upper and left margins, handwritten by Akademie
archivist:]
z Z. 641/D 24. [—] From [?zl] J D of 1924 [—] 641/D II. v. III. Mb. K. ⇧ Highly revered Court Counselor! 1 Attorney Dr. Ernst Lamberg notified me in his letter of July 1 of this year 2 that the Artist's Stipend of Mrs Sophie Deutsch , 3 who was for twenty years a pupil of mine, has been placed in the hands of the Academy, and that the latter has decided to put forward its own slates of candidates just during [my] lifetime. In turning now directly to you, I seek to win your support for a slight change in this solution which, while not being detrimental to the newly acquired rights of the Academy, temporarily at the same time complies with the differently construed, true 4 intention of the testatrix. I will not dig far back into the past and detain you needlessly, but only acquaint you with what is necessary. Not only from the many conversations that I had with my pupil, but also from the provision set out clearly in her will, I know that she was thinking of awards made {2} to a variety of artists, who, irrespective of whether young or old, whether residing in Austria or Germany or somewhere else, irrespective also of whether they are affiliated to a school or are already a well-established name, should obtain the (still in her day considerable) [sum of] money for the alleviation of need, or as assistance (e.g. for the publication of a planned work), 5 from me. [in lower margin of p. 1 :] ⇧ 20,000,000 Kronen dispensed [from the] Central Savings Bank, Municipality of Vienna N34513, under "Sofie Deutsch Music Stipend".[end cue] ⇧ So exclusively was this her wish that in her will she expressly earmarked the capital allocated for the stipend to pass entire at my death to the Association for Feeding Impoverished Schoolchildren! In order to protect thoroughly the artists receiving the stipend, my pupil wished me to conduct the awarding in strictest secrecy so that no third party might get to hear anything whatsoever of the making of the award. Moroever, the brother of the testatrix (the well-known proprietor of the "Anchor Bread" factory), the attorney handling the estate, and ultimately in early 1924 the legal counselor, were wholly in accord with this testimentarily expressed wish when they asked me to take on the distribution. In the first three years after the death of the testatrix, even before {3} the matter was clarified, I in fact dispensed the stipend entirely secretly to three artists of rank, and then however I stopped awarding it, since it appeared that the stipend would never get off the ground. Now, I do not need to expatiate further to you, dear Court Counselor, wherein the current solution contradicts the wishes of the testatrix. I do not know from which quarter and for what reason disrespect has in the above sense been shown toward her. Nor do I know why the Association failed even to consult me when passing its final resolution. After I expressed my misgivings to Dr Lamberg in writing, he recommended me in his letter of July 11 of this year 6 to take the matter directly up with you. Thus, I ask you now whether you are willing to join me in honoring the so clearly expressed wishes of the deceased, and to relinquish to me trustingly for the remaining years of my life the disposal of the interest so that I am once again in a position to carry out the honorary office in secrecy. In the event that you, dear {4} Court Counselor, find no cause to share in these considerations of respect, I would, I have to say, be bound to forgo any cooperation, certainly not out of animosity toward the Academy ‒ that is far from my mind ‒ but in the consciousness that I would be contravening the wishes of my deceased pupil. I hope to find you well disposed toward my request, and remain with kind regards, Your very devoted [signed:] H. Schenker December 3, 1924 [Vienna] III, Keilgasse 8 © Translation Ian Bent, 2013 |
[in upper and left margins, handwritten by Akademie
archivist:]
z Z. 641/D 24. [—] Aus [?zl] J D von 1924 [—] 641/D II. v. III. Mb. K. ⇧ Hochgeehrter Herr Hofrat! 1 Rechtsanwalt Dr Ernst Lamberg verständigte mich mit Brief vom 1. VII. d.J., 2 daß das Künstler-Stipendium der Frau Sophie Deutsch , 3 die an 20 Jahre meine Schülerin gewesen ist, in die Hände der Akademie gebracht worden u. daß diese beschlossen hat, nur für Lebensdauer ihre Ternavorschläge bekanntzugeben. Indem ich mich nun unmittelbar an Sie wende, mache ich den Versuch, Sie für eine leichte Änderung dieser Lösung zu gewinnen, die, ohne die neu erworbenen Rechte der Akademie zu schädigen, vorübergehend doch auch der anders gearteten wahren 4 Absicht der Erblasserin entspräche. Ich will nicht weit ausholen u. Ihnen überflüssig Zeit rauben, nur das Notwendige bekanntgeben. Nicht allein aus den vielen Gesprächen mit meiner Schülerin, sondern auch aus der deutlich im Testament enthaltenen Anordnung weiß ich, daß sie an eine Beteilung von {2} Künstlern dachte, die gleichviel ob jung oder alt, ob in Österreich oder in Deutschland oder sonstwo zu Hause, gleichviel auch, ob einer Schule noch zugehörend oder schon längst einen bedeutenden Namen tragend, das (zu ihrer Zeit immerhin bedeutende) Geld zur Linderung von Not oder als Hilfeleistung, z.B. für die Herausgabe eines geplanten Werkes 5 durch mich erhalten sollten. [in lower margin of p. 1:] ⇧ 20.000.000 Kr erlegt Zentralspark. Gem. Wien N34513 unter „Sofie Deutsch Musikstipendium“.[end cue] ⇧ So sehr war das allein ihr Wunsch, daß sie im Testament für den Fall meines Ablebens ausdrücklich das völlige Anheimfallen des für das Stipendium ausgeworfenen Kapitals an den Verein zur Ausspeisung armer Schulkinder vorgesehen hat! Um die empfangenden Künstler durchaus zu schonen, wünschte meine Schülerin, daß ich die Beteilung im Stillsten vornehme, ohne daß ein dritter von der Zuwendung überhaupt etwas erführe. Und ganz im Einklang mit diesem testamentarisch geäußerten Wunsch waren auch der Bruder der Erblasserin, der bekannte Besitzer der „Ankerbrot“fabrik, der Anwalt der Masse u. schließlich noch im Frühjahr 1924 der Hofrat bei Gericht, als sie mich baten, die Verteilung auf mich zu nehmen. In den ersten drei Jahren nach dem Tode der Erblasserin, noch ehe die An- {3} die Angelegenheit geklärt war, habe ich in der That das Stipendium an drei Künstler von Rang völlig geheim verschickt, dann freilich stellte ich die Versendung ein, da es schien, als würde das Stipendium überhaupt nicht auf die Beine kommen. Nun brauche ich Ihnen, sehr geehrter Herr Hofrat, nicht noch näher zu erklären, worin der Gegensatz der gegenwärtigen Lösung gegen den Wunsch der Erblasserin zutage tritt. Von welcher Seite u. weshalb die Pietät gegen sie im obigen Sinne verletzt worden ist, weiß ich nicht; ebensowenig weiß ich, weshalb der Verein bei seiner letzten Beschlußfassung nicht auch mich befragt hat. Nachdem ich Hr. Dr Lamberg gegenüber meine Bedenken schriftlich geäußert, wies er mich mit Brief vom 11. VII. d.J. 6 auf den Weg einer unmittelbaren Aussprache mit Ihnen. So frage ich Sie dann also, ob Sie willens wären, den so deutlich gefaßten Wunsch der Verstorbenen mit mir zu ehren u. für die restlichen Jahre meines Lebens mir vertrauensvoll die Verfügung über die Zinsen so zu überlassen, daß ich wieder in die Lage komme, des Ehrenamtes geheim zu walten. Für den Fall, daß Sie, sehr geehrter {4} Herr Hofrat, keine Veranlassung fänden, in diesen Gedanken der Pietät einzustimmen, müßte ich freilich auf jede Mitwirkung verzichten, gewiß nicht etwa aus Unfreundlichkeit wider die Akademie, die mir völlig ferne liegt, sondern im Bewußtsein, daß ich dem Wunsch meiner verstorbenen Schülerin entgegenträte. Hoffentlich aber finde ich Sie meinem Ansuchen geneigt u. verbleibe in ausgezeichneter Hochachtung Ihr sehr ergebener [signed:] H Schenker 3. Dezember 1924 III., Keilgasse 8. © Transcription Ian Bent, 2013 |
[in upper and left margins, handwritten by Akademie
archivist:]
z Z. 641/D 24. [—] From [?zl] J D of 1924 [—] 641/D II. v. III. Mb. K. ⇧ Highly revered Court Counselor! 1 Attorney Dr. Ernst Lamberg notified me in his letter of July 1 of this year 2 that the Artist's Stipend of Mrs Sophie Deutsch , 3 who was for twenty years a pupil of mine, has been placed in the hands of the Academy, and that the latter has decided to put forward its own slates of candidates just during [my] lifetime. In turning now directly to you, I seek to win your support for a slight change in this solution which, while not being detrimental to the newly acquired rights of the Academy, temporarily at the same time complies with the differently construed, true 4 intention of the testatrix. I will not dig far back into the past and detain you needlessly, but only acquaint you with what is necessary. Not only from the many conversations that I had with my pupil, but also from the provision set out clearly in her will, I know that she was thinking of awards made {2} to a variety of artists, who, irrespective of whether young or old, whether residing in Austria or Germany or somewhere else, irrespective also of whether they are affiliated to a school or are already a well-established name, should obtain the (still in her day considerable) [sum of] money for the alleviation of need, or as assistance (e.g. for the publication of a planned work), 5 from me. [in lower margin of p. 1 :] ⇧ 20,000,000 Kronen dispensed [from the] Central Savings Bank, Municipality of Vienna N34513, under "Sofie Deutsch Music Stipend".[end cue] ⇧ So exclusively was this her wish that in her will she expressly earmarked the capital allocated for the stipend to pass entire at my death to the Association for Feeding Impoverished Schoolchildren! In order to protect thoroughly the artists receiving the stipend, my pupil wished me to conduct the awarding in strictest secrecy so that no third party might get to hear anything whatsoever of the making of the award. Moroever, the brother of the testatrix (the well-known proprietor of the "Anchor Bread" factory), the attorney handling the estate, and ultimately in early 1924 the legal counselor, were wholly in accord with this testimentarily expressed wish when they asked me to take on the distribution. In the first three years after the death of the testatrix, even before {3} the matter was clarified, I in fact dispensed the stipend entirely secretly to three artists of rank, and then however I stopped awarding it, since it appeared that the stipend would never get off the ground. Now, I do not need to expatiate further to you, dear Court Counselor, wherein the current solution contradicts the wishes of the testatrix. I do not know from which quarter and for what reason disrespect has in the above sense been shown toward her. Nor do I know why the Association failed even to consult me when passing its final resolution. After I expressed my misgivings to Dr Lamberg in writing, he recommended me in his letter of July 11 of this year 6 to take the matter directly up with you. Thus, I ask you now whether you are willing to join me in honoring the so clearly expressed wishes of the deceased, and to relinquish to me trustingly for the remaining years of my life the disposal of the interest so that I am once again in a position to carry out the honorary office in secrecy. In the event that you, dear {4} Court Counselor, find no cause to share in these considerations of respect, I would, I have to say, be bound to forgo any cooperation, certainly not out of animosity toward the Academy ‒ that is far from my mind ‒ but in the consciousness that I would be contravening the wishes of my deceased pupil. I hope to find you well disposed toward my request, and remain with kind regards, Your very devoted [signed:] H. Schenker December 3, 1924 [Vienna] III, Keilgasse 8 © Translation Ian Bent, 2013 |
Footnotes1 Dictating and sending of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 3/6, p. 2759, December 2, 1924: "An Hofrat Marx einen Brief diktiert." (To Court Counselor Marx a letter dictated."); and ibid December 3, 1924: "Nach Tisch den Brief an Marx recomm. aufgegeben" ("After lunch, the letter to Marx sent registered post."). The dictated draft in Jeanette's hand with extensive emendations by Heinrich is preserved at OJ 5/25, [1]. The variants are not shown here. 2 = OJ 12/31, [2]. 3 "Sophie Deutsch" also underline in red crayon by unknown hand. 4 "wahren" ("true"): underlined in pencil by unknown hand. 5 "sondern auch ... weiß ich" ("but also ... I know"), "Künstlern dachte" ("to artists"), "jung oder alt" ("young or old"), "oder in Deutschland oder" ("or Germany or"), "einer Schule noch zugehörend" ("are affiliated to a school"), "längst ... Namen" ("a well established name"), "als Hilfeleistung ... Werkes" ("as assistance ... work)"): all underlined in pencil by unknown hand. 6 = OJ 12/31, [3]. |
|
Commentary
Digital version created: 2016-10-22 |