15 IV. 17 +8°;
bei Föhn erster wirklicher Frühlingstag, doppelt schön durch die Gefühle, die die Menschen wir heute, sowie die durch eine Frieden verheißende Botschaft der oesterreichischen Regierung beglückt, in ihn hineintragen dürfen sind. Graf Czern yin (?) läßt verlautbaren, daß eine Möglichkeit der Verständigung mit der russischen Republik wahrscheinlich sei. 1 So wäre denn darnach Buchanan durchaus nicht der geniale Diplomat gewesen, als den ihn die deutschen Ephialt iesse, nur um Bethmann-Hollweg Prügel w vor die Beine zu werfen, {651} hinstellen; . So wäre denn das Londoner Abkommen zu Wasser geworden u. die englische Kunst der Diplomatie um eine Niederlage reicher, u. man begreift, daß Wilsons Eintritt in letzter Stunde am Ende vielleicht nur deshalb erfolgt sein mag, weil England dem abfallenden Russland noch im letzten Augenblick eine letzte Kämpferinjektion verabreichen wollte. Ja, aAngeblich , klug, praktisch u. genial waren ja immer die britischen Diplomaten, nämlich so lange sie nur als Kaufleute aufzutreten, nur mit Wilden u. Armen Kriege zu bestehen brauchten; aber vor Hindenburgs Faust u. seines Geistes Hauch zerfällt der englische Kaufmann in alle seine einzelnen uninteressanten Elemente u. es nun zeigt sich das Gerüst des kaufmännischen Kopfes, wie wie es in Wahrheit klein u. dürftig er ist sei. Wenn man prophezeien darf, wäre als nächstes Stadium der Abfall Italiens u. Frankreichs zu erwarten u. dann wäre die Niederlage Englands so kraß, als wie sie die Deutschen wohl selbst niemals zu träumen gewagt hätten. Daß die Sozialdemokraten auf den Plan treten u. agieren, als hätten sie die glückliche Wendung herbeigeführt, zählt zu den infamsten Lügen u. psychologisch perversesten Verirrungen der menschlichen Auffassung; denn wären nicht Hindenburg u. Ludendorff, nicht Hötzendorf u. Falkenhayn u. wie alle die tapferen Heerführer heißen, in West, Ost u. Süden heißen mit ihren Taten zuvorgekommen, wahrlich die Sozialdemokraten allein hätten die Siege auf dem Schlachtfeld nicht zubereitet u. den Zaren aus dem Trone [sic] zu heben nicht vermocht. Die russische Revolution ist das letzte Ergebnis der Hindenburgsiege, u. wenn nun die Sozialdemokraten die Situation für ihre Partei ausnutzen wollen, so ist das im Grunde nur eine Fortsetzung der Perfidie, die sie während des Krieges in dieser oder anderer ähnlicher Weise geübt haben. — — — Für die Ueberwindung Englands u. seiner gewaltigen Bundesgenossen in allen Erdteilen müßte die deutsche Sprache eigentlich ein neues Wort erfinden – das Wort Sieg ist zu schwach hiefür! — An Schrader (K.): danke für Ausdruck der Gesinnung u. teile mit, daß ich Cotta angewiesen habe, ihm Harmonielehre u. Kontrapunkt zu- {652} zuschicken. — An Cotta (K.CA 166): ersuche an Schrader je ein Exemplar der Harmonielehre u. des Kontrapunktes zu schicken; kündige an, das Manuscript von II2 einzusenden oder hinzubringen. — Vom „Merker“ Einladung. — Von Dr. Türkel (Br.): kurzer Dank für in zwei Zeilen für die „IX.“ u. „ Op. 110 “. — Von Vrieslander (K.): wegen des Albums: ob Hertzka sich dazu bereits schon heute entschließen könnte. — Spaziergang im Arenbergpark vor Tisch. — Nachmittag heftiger Sturm. — Der Schuster, der im selben Hause wohnt, besorgt mir eine kleine Reparatur, für die er nichts nehmen will; während der Arbeit plauder nt wir er mit uns u. es stellt sich heraus, daß auch er mit den reichen Wiener Anglomanen die Ansicht doch immerhin so weit teilt, England noch immer für sehr mächtig zu halten; sein Vater war Preusse, seine Mutter Böhmin u. er, der Sohn, fühlt bereits ganz böhmisch. Ein eklatantes Beispiel dafür, mit welcher Leichtigkeit sich der Deutsche in andere Rassen u. Nationen verliert. — An Wilhelm (Br.): erzähle von der Unterredung mit Moses u. seiner Familie, wie Moses als Aeltester sich in den Kopf gesetzt habe, uns drei Brüder wieder einander zu nähern, wie Mozio bestimmt zugesagt habe, mir Abbitte zu leisten usw.; erzähle dies alles auch mit nebenbei auch kleinen versteckten Hieben wider Wilhelm selbst, der an derselben Krankheit laboriert, ungleich liebenswürdiger gegen Fremde als gegen die Eigenen zu sein. Ich frage auch nach dem Preis der Eier; schließlich bittet Lie-Liechen, sich selbst an Dodi direkt wendend, um weitere 2 Schock Eier, um sie einzulegen. — Abends +11°. —© Transcription Marko Deisinger. |
April 15, 1917. +8°;
with a foehn wind, the first real day of spring; doubly beautiful by the feelings that today we may be permitted to bear, buoyed by a message from the Austrian government that promises peace. Count Czernin lets it be known that a rapprochement with the Russian republic is probable. 1 So Buchanan would thereafter by no means be the diplomatic genius that the German Ephialteses regard him, only in order to put a spoke in Bethmann-Hollweg's wheels. {651} Thus the London agreement would then for nothing, and the English art of diplomacy would be richer by one defeat; and one can finally understand that Wilson's entry [into the war] at the last minute perhaps took place only because England wanted to administer one last injection of fighting spirit into a declining Russia, even at the final moment. The British diplomats always appeared to be smart, practical, and ingenious; the British diplomats – especially whenever they came on the scene only as business people and could survive wars only with the help of savages and poor people; but in the face of Hindenburg's fist and the breath of his spirit, the English businessman falls to pieces in all his separate, uninteresting elements; and now the structure of the businessman's head is revealed for what it really is: small, and wanting. That the Social Democrats are referring to and agitating for the plan, as if they had brought off the fortuitous turn of events, must be reckoned among the most infamous lies and psychologically perverse aberrations of human conception; for if Hindenburg and Ludendorff, Hötzendorf and Falkenhayn, and all the other brave military leaders to the west, east and south had not gotten there first with their deeds, then for sure the Social Democrats could not on their own have prepared the victories on the battlefield and removed the Czar from his throne. The Russian revolution is the final result of Hindenburg's victories; and if the Social Democrats now wish to exploit the situation for their party, then this is basically nothing but a continuation of the perfidy that they have been committing during the war, in one way or another. — — For the conquest of England and its mighty confederates in all corners of the world, the German language must actually find a new word – the word "victory" is too weak for it! — Postcard to Schrader : thanks for the expression of his views; I tell him that I have instructed Cotta to send him my Theory of Harmony and Counterpoint . {652} — PostcardCA 166 to Cotta: I request that they send Schrader one copy each of Theory of Harmony and Counterpoint ; I announce that I shall send them, or bring them, the manuscript copy of Counterpoint 2 . — Invitation from Der Merker . — Letter from Dr. Türkel : brief thanks, in two lines, for the Ninth and the Erläuterungsausgabe of Op. 110 . — Postcard from Vrieslander concerning his album: has Hertzka yet made a decision about it? — A walk in the Arenbergpark before lunch. — In the afternoon, a mighty storm. — The shoemaker who lives in the same apartment house undertakes a small repair for me, for which he does not wish to receive anything; while he is working he chats with us, and it turns out that he goes so far as to share the wealthy Viennese anglomaniacs' view that England is still a very mighty country. His father was Prussian, his mother Bohemian; and he, the son, regards himself as thoroughly Bohemian: a blatant example of how easy it is for a German to become lost in other races and nations. — Letter to Wilhelm: I recount the conversation with Moses and his family; how Moses, being the eldest, has got it into his head to bring us three brothers together again; how Mozio definitely promised to apologize to me, etc.; I tell him all this with a small, concealed passing dig at Wilhelm himself, who labors under the same disease of being incomparably kinder to strangers than to his own kin. I also ask about the price of the eggs; finally Lie-Liechen, addressing Dodi directly, requests that she includes two further three-score of eggs. — In the evening, +11°. —© Translation William Drabkin. |
15 IV. 17 +8°;
bei Föhn erster wirklicher Frühlingstag, doppelt schön durch die Gefühle, die die Menschen wir heute, sowie die durch eine Frieden verheißende Botschaft der oesterreichischen Regierung beglückt, in ihn hineintragen dürfen sind. Graf Czern yin (?) läßt verlautbaren, daß eine Möglichkeit der Verständigung mit der russischen Republik wahrscheinlich sei. 1 So wäre denn darnach Buchanan durchaus nicht der geniale Diplomat gewesen, als den ihn die deutschen Ephialt iesse, nur um Bethmann-Hollweg Prügel w vor die Beine zu werfen, {651} hinstellen; . So wäre denn das Londoner Abkommen zu Wasser geworden u. die englische Kunst der Diplomatie um eine Niederlage reicher, u. man begreift, daß Wilsons Eintritt in letzter Stunde am Ende vielleicht nur deshalb erfolgt sein mag, weil England dem abfallenden Russland noch im letzten Augenblick eine letzte Kämpferinjektion verabreichen wollte. Ja, aAngeblich , klug, praktisch u. genial waren ja immer die britischen Diplomaten, nämlich so lange sie nur als Kaufleute aufzutreten, nur mit Wilden u. Armen Kriege zu bestehen brauchten; aber vor Hindenburgs Faust u. seines Geistes Hauch zerfällt der englische Kaufmann in alle seine einzelnen uninteressanten Elemente u. es nun zeigt sich das Gerüst des kaufmännischen Kopfes, wie wie es in Wahrheit klein u. dürftig er ist sei. Wenn man prophezeien darf, wäre als nächstes Stadium der Abfall Italiens u. Frankreichs zu erwarten u. dann wäre die Niederlage Englands so kraß, als wie sie die Deutschen wohl selbst niemals zu träumen gewagt hätten. Daß die Sozialdemokraten auf den Plan treten u. agieren, als hätten sie die glückliche Wendung herbeigeführt, zählt zu den infamsten Lügen u. psychologisch perversesten Verirrungen der menschlichen Auffassung; denn wären nicht Hindenburg u. Ludendorff, nicht Hötzendorf u. Falkenhayn u. wie alle die tapferen Heerführer heißen, in West, Ost u. Süden heißen mit ihren Taten zuvorgekommen, wahrlich die Sozialdemokraten allein hätten die Siege auf dem Schlachtfeld nicht zubereitet u. den Zaren aus dem Trone [sic] zu heben nicht vermocht. Die russische Revolution ist das letzte Ergebnis der Hindenburgsiege, u. wenn nun die Sozialdemokraten die Situation für ihre Partei ausnutzen wollen, so ist das im Grunde nur eine Fortsetzung der Perfidie, die sie während des Krieges in dieser oder anderer ähnlicher Weise geübt haben. — — — Für die Ueberwindung Englands u. seiner gewaltigen Bundesgenossen in allen Erdteilen müßte die deutsche Sprache eigentlich ein neues Wort erfinden – das Wort Sieg ist zu schwach hiefür! — An Schrader (K.): danke für Ausdruck der Gesinnung u. teile mit, daß ich Cotta angewiesen habe, ihm Harmonielehre u. Kontrapunkt zu- {652} zuschicken. — An Cotta (K.CA 166): ersuche an Schrader je ein Exemplar der Harmonielehre u. des Kontrapunktes zu schicken; kündige an, das Manuscript von II2 einzusenden oder hinzubringen. — Vom „Merker“ Einladung. — Von Dr. Türkel (Br.): kurzer Dank für in zwei Zeilen für die „IX.“ u. „ Op. 110 “. — Von Vrieslander (K.): wegen des Albums: ob Hertzka sich dazu bereits schon heute entschließen könnte. — Spaziergang im Arenbergpark vor Tisch. — Nachmittag heftiger Sturm. — Der Schuster, der im selben Hause wohnt, besorgt mir eine kleine Reparatur, für die er nichts nehmen will; während der Arbeit plauder nt wir er mit uns u. es stellt sich heraus, daß auch er mit den reichen Wiener Anglomanen die Ansicht doch immerhin so weit teilt, England noch immer für sehr mächtig zu halten; sein Vater war Preusse, seine Mutter Böhmin u. er, der Sohn, fühlt bereits ganz böhmisch. Ein eklatantes Beispiel dafür, mit welcher Leichtigkeit sich der Deutsche in andere Rassen u. Nationen verliert. — An Wilhelm (Br.): erzähle von der Unterredung mit Moses u. seiner Familie, wie Moses als Aeltester sich in den Kopf gesetzt habe, uns drei Brüder wieder einander zu nähern, wie Mozio bestimmt zugesagt habe, mir Abbitte zu leisten usw.; erzähle dies alles auch mit nebenbei auch kleinen versteckten Hieben wider Wilhelm selbst, der an derselben Krankheit laboriert, ungleich liebenswürdiger gegen Fremde als gegen die Eigenen zu sein. Ich frage auch nach dem Preis der Eier; schließlich bittet Lie-Liechen, sich selbst an Dodi direkt wendend, um weitere 2 Schock Eier, um sie einzulegen. — Abends +11°. —© Transcription Marko Deisinger. |
April 15, 1917. +8°;
with a foehn wind, the first real day of spring; doubly beautiful by the feelings that today we may be permitted to bear, buoyed by a message from the Austrian government that promises peace. Count Czernin lets it be known that a rapprochement with the Russian republic is probable. 1 So Buchanan would thereafter by no means be the diplomatic genius that the German Ephialteses regard him, only in order to put a spoke in Bethmann-Hollweg's wheels. {651} Thus the London agreement would then for nothing, and the English art of diplomacy would be richer by one defeat; and one can finally understand that Wilson's entry [into the war] at the last minute perhaps took place only because England wanted to administer one last injection of fighting spirit into a declining Russia, even at the final moment. The British diplomats always appeared to be smart, practical, and ingenious; the British diplomats – especially whenever they came on the scene only as business people and could survive wars only with the help of savages and poor people; but in the face of Hindenburg's fist and the breath of his spirit, the English businessman falls to pieces in all his separate, uninteresting elements; and now the structure of the businessman's head is revealed for what it really is: small, and wanting. That the Social Democrats are referring to and agitating for the plan, as if they had brought off the fortuitous turn of events, must be reckoned among the most infamous lies and psychologically perverse aberrations of human conception; for if Hindenburg and Ludendorff, Hötzendorf and Falkenhayn, and all the other brave military leaders to the west, east and south had not gotten there first with their deeds, then for sure the Social Democrats could not on their own have prepared the victories on the battlefield and removed the Czar from his throne. The Russian revolution is the final result of Hindenburg's victories; and if the Social Democrats now wish to exploit the situation for their party, then this is basically nothing but a continuation of the perfidy that they have been committing during the war, in one way or another. — — For the conquest of England and its mighty confederates in all corners of the world, the German language must actually find a new word – the word "victory" is too weak for it! — Postcard to Schrader : thanks for the expression of his views; I tell him that I have instructed Cotta to send him my Theory of Harmony and Counterpoint . {652} — PostcardCA 166 to Cotta: I request that they send Schrader one copy each of Theory of Harmony and Counterpoint ; I announce that I shall send them, or bring them, the manuscript copy of Counterpoint 2 . — Invitation from Der Merker . — Letter from Dr. Türkel : brief thanks, in two lines, for the Ninth and the Erläuterungsausgabe of Op. 110 . — Postcard from Vrieslander concerning his album: has Hertzka yet made a decision about it? — A walk in the Arenbergpark before lunch. — In the afternoon, a mighty storm. — The shoemaker who lives in the same apartment house undertakes a small repair for me, for which he does not wish to receive anything; while he is working he chats with us, and it turns out that he goes so far as to share the wealthy Viennese anglomaniacs' view that England is still a very mighty country. His father was Prussian, his mother Bohemian; and he, the son, regards himself as thoroughly Bohemian: a blatant example of how easy it is for a German to become lost in other races and nations. — Letter to Wilhelm: I recount the conversation with Moses and his family; how Moses, being the eldest, has got it into his head to bring us three brothers together again; how Mozio definitely promised to apologize to me, etc.; I tell him all this with a small, concealed passing dig at Wilhelm himself, who labors under the same disease of being incomparably kinder to strangers than to his own kin. I also ask about the price of the eggs; finally Lie-Liechen, addressing Dodi directly, requests that she includes two further three-score of eggs. — In the evening, +11°. —© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Die Friedensziele der Mittelmächte und Rußlands. Die Antwort der österreichisch-ungarischen Regierung auf die Erklärung der russischen Regierung" and "Eine Friedensbotschaft der österreichisch-ungarischen Regierung an Rußland," Neue Freie Presse, No. 18910, April 15, 1917, morning edition, p. 1. "Oesterreich-Ungarn und Russland. Der Weg zur Verständigung," Neues Wiener Tagblatt, No. 102, April 15, 1917, 51st year, p. 1. |