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27. +3°, regnerisch!

England hat sich hinter Wilsons Schürze gesteckt! So feig {552} So feig ist der Marmeladekrämer, dessen höchstes Heldentum Baralongerei 1 ist. Indessen haben die Mittelmächte Wilson fein hinauskomplimentiert oder auf deutsch: hinausgeschmissen. Uebrigens war Wilson s Note 2 gerade diesmal, da er Schurkerei wohl im stärksten Auß Ausmaß treiben wollte, auffallend zurückhaltend; man sieht also, daß der flegelhafte Ton der seiner früheren Noten nicht etwa nur , wie vielfach behauptet wurde, Ausdruck einer blos naiven echt amerikanischen Geradeaus-Natur gewesen, sondern Flegelei aus wirklich bestandener Absicht u. aus wirklichem Können. Nun kann man zwar Professor sein u. zugleich von Krämern auf den Präsidentenstuhl gehoben worden sein, aber den Munitionslieferanten u. Pazifisten in einem zu sein vereinen, dieseseinen Munitionspazifisten mit einem Wort – bringt nur ein Angelsachse fertig!

— Kaufmann: Wäre nicht besser gewesen, wenn schon Herr Nobel selbst etwas weniger in Dynamit gearbeitet hätte? Der Fluch der seiner bösen Tat zeigt sich nun im Nobelpreis ,Dynamit wirkt nach! Eine echte Krämervorstellung, daß es unter den Menschen jahraus, jahrein doch sicher auch so viele Genies gibt geben muß, als Preise von den Zinsen des großen Kapitals da sind. So muß denn die Welt die Lüge Folgen einer solchen Krämervorstellung auch in diesem Punkte wieder nur falsch u. lügnerisch austragen u. als Genies selbst anpreisen, u. oder sich anpreisen lassen, die ihr lebtag [sic] keine waren u. keine sind. Man sehe nur den letzten Nobelpreisträger, Herrn Rolland ! Weiß nichts von Musik, nichts auch von der Kunst des Romans, 3 ebensowenig vom Deutschtum , u. trotzdem trägt ihm dieses mehrfache Nichts dennoch endlich doch auch den großen Preis des Kaufmannes Nobel! —

— Wortspiel: NutztierTier für Nutzen (= Krämer); das erstere mir unendlich sympathischer. —

— Von Dr. Karl Neumann Anzeige der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit. — K yipling (schon zu Beginn des Krieges gegen die deutschen Barbaren wutentbrannt): nach echt angelsächsischer Art hat Herr K. seine Poesie hauptsächlich aus dem Lande Indien bezogen, aus einem Land, in dem der Engländer alle Laster seiner kolonisatorischen-räuberischen Tätigkeit betrieben [hat] u. noch betreibt; wie sollte denn aber ein solcher Mann auch nur rezeptives Verständnis für einen Lessing, Goethe, Schiller, Herder finden, deren Poesien in ihrer Wurzel doch wohl niemals auf ähnliches Erdreich von Lastern gar nicht gestoßen? Meinetwegen ein poetisch angehauchter Sportsmann – {553} was hat aber ein solcher Typus mit einem wahren Dichter gemein, dem es beim Anblick englischer Tätigkeit in Indien das Herz doch zusammenkrampfen muß müßte, bevor es noch Poesie stammelt! — Von Frau Gutherz in Hans’ Namen eine Anfrage, wann er mich morgen, Donnerstag, sehen könnte; ich bestimme ab 1h im Caféhaus oder nach ¾7h auf nur wenige Minuten. — Lie-Liechen persönlich bei Fr. Deutsch; erfährt von einiger Besserung. —

© Transcription Marko Deisinger.

27. +3°, rainy!

England has hidden behind Wilson's apron! {552} The purveyor of marmalade is so cowardly, his greatest act of heroism is the Baralong 1 Affair. However, the Central Powers have delicately praised Wilson away or, in proper German: thrown him out. Moreover, Wilson's note, 2 considering that he wanted to play the villain to the greatest extent, was strikingly restrained; thus one sees that the boorish tone of his earlier notes were not, as was often claimed, the expression of a merely naïve, typically American straightforwardness, but rather a boorishness that was always his intention – and something of which he was truly capable. Now, one can be a professor and at the same time be raised by merchants to the presidential chair, but to be a munitions supplier and a pacifist at the same time – in a word, a munitions pacifist – is something of which only an Anglo-Saxon is capable!

— Businessman: would it not have been better if Mr. Nobel had himself worked less in dynamite? The curse of his wicked deed now reveals itself in the Nobel Prizedynamite continues to have its effect! A businessman's typical thinking, that among people, year after year, there must surely be as many geniuses as there are prizes drawn from the interest of the great capital investment. Thus the world must also falsely and deceitfully deal with the consequences of such a business mentality and extol (or have extolled) as geniuses, those who, throughout their lives, were never and never will be [geniuses]. Just look at the most recent Nobel prizewinner, Mr. Rolland ! He knows nothing about music, nothing even about the art of the novel, 3 and just as little about Germanness; and yet this multiple nothing confers upon him the greatest prize of the businessman Nobel! —

— Wordplay: farm animalanimal for profit (= merchant); the former is incomparably more agreeable to me. —

— From Dr. Carl Neumann, a notice of the resumption of his activity. — Kipling (even at the beginning of the war, furiously opposed to the German barbarians): in typical Anglo-Saxon fashion, Mr. Kipling has drawn his poetry chiefly from India , a country in which the English have perpetrated all the vices of their colonial-predatory activity and continue to do so; but how should such a man find even a receptive understanding for a Lessing, a Goethe, a Schiller, or a Herder, whose poetic works have surely never experienced similarly vicious soil? As far as I'm concerned, a poetically tinted sportsman – {553} but what does this type have in common with a true poet, whose heart would have to break at the sight of English activity in India before it was able to stammer out any poetry! — From Mrs. Gutherz, a question on behalf of Hans about when he could see me tomorrow, Thursday; I fix a time of 1 o'clock at the coffee house, or after 6:45 for only a few minutes. — Lie-Liechen in person at Mrs. Deutsch's; she learns that her health has improved somewhat. —

© Translation William Drabkin.

27. +3°, regnerisch!

England hat sich hinter Wilsons Schürze gesteckt! So feig {552} So feig ist der Marmeladekrämer, dessen höchstes Heldentum Baralongerei 1 ist. Indessen haben die Mittelmächte Wilson fein hinauskomplimentiert oder auf deutsch: hinausgeschmissen. Uebrigens war Wilson s Note 2 gerade diesmal, da er Schurkerei wohl im stärksten Auß Ausmaß treiben wollte, auffallend zurückhaltend; man sieht also, daß der flegelhafte Ton der seiner früheren Noten nicht etwa nur , wie vielfach behauptet wurde, Ausdruck einer blos naiven echt amerikanischen Geradeaus-Natur gewesen, sondern Flegelei aus wirklich bestandener Absicht u. aus wirklichem Können. Nun kann man zwar Professor sein u. zugleich von Krämern auf den Präsidentenstuhl gehoben worden sein, aber den Munitionslieferanten u. Pazifisten in einem zu sein vereinen, dieseseinen Munitionspazifisten mit einem Wort – bringt nur ein Angelsachse fertig!

— Kaufmann: Wäre nicht besser gewesen, wenn schon Herr Nobel selbst etwas weniger in Dynamit gearbeitet hätte? Der Fluch der seiner bösen Tat zeigt sich nun im Nobelpreis ,Dynamit wirkt nach! Eine echte Krämervorstellung, daß es unter den Menschen jahraus, jahrein doch sicher auch so viele Genies gibt geben muß, als Preise von den Zinsen des großen Kapitals da sind. So muß denn die Welt die Lüge Folgen einer solchen Krämervorstellung auch in diesem Punkte wieder nur falsch u. lügnerisch austragen u. als Genies selbst anpreisen, u. oder sich anpreisen lassen, die ihr lebtag [sic] keine waren u. keine sind. Man sehe nur den letzten Nobelpreisträger, Herrn Rolland ! Weiß nichts von Musik, nichts auch von der Kunst des Romans, 3 ebensowenig vom Deutschtum , u. trotzdem trägt ihm dieses mehrfache Nichts dennoch endlich doch auch den großen Preis des Kaufmannes Nobel! —

— Wortspiel: NutztierTier für Nutzen (= Krämer); das erstere mir unendlich sympathischer. —

— Von Dr. Karl Neumann Anzeige der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit. — K yipling (schon zu Beginn des Krieges gegen die deutschen Barbaren wutentbrannt): nach echt angelsächsischer Art hat Herr K. seine Poesie hauptsächlich aus dem Lande Indien bezogen, aus einem Land, in dem der Engländer alle Laster seiner kolonisatorischen-räuberischen Tätigkeit betrieben [hat] u. noch betreibt; wie sollte denn aber ein solcher Mann auch nur rezeptives Verständnis für einen Lessing, Goethe, Schiller, Herder finden, deren Poesien in ihrer Wurzel doch wohl niemals auf ähnliches Erdreich von Lastern gar nicht gestoßen? Meinetwegen ein poetisch angehauchter Sportsmann – {553} was hat aber ein solcher Typus mit einem wahren Dichter gemein, dem es beim Anblick englischer Tätigkeit in Indien das Herz doch zusammenkrampfen muß müßte, bevor es noch Poesie stammelt! — Von Frau Gutherz in Hans’ Namen eine Anfrage, wann er mich morgen, Donnerstag, sehen könnte; ich bestimme ab 1h im Caféhaus oder nach ¾7h auf nur wenige Minuten. — Lie-Liechen persönlich bei Fr. Deutsch; erfährt von einiger Besserung. —

© Transcription Marko Deisinger.

27. +3°, rainy!

England has hidden behind Wilson's apron! {552} The purveyor of marmalade is so cowardly, his greatest act of heroism is the Baralong 1 Affair. However, the Central Powers have delicately praised Wilson away or, in proper German: thrown him out. Moreover, Wilson's note, 2 considering that he wanted to play the villain to the greatest extent, was strikingly restrained; thus one sees that the boorish tone of his earlier notes were not, as was often claimed, the expression of a merely naïve, typically American straightforwardness, but rather a boorishness that was always his intention – and something of which he was truly capable. Now, one can be a professor and at the same time be raised by merchants to the presidential chair, but to be a munitions supplier and a pacifist at the same time – in a word, a munitions pacifist – is something of which only an Anglo-Saxon is capable!

— Businessman: would it not have been better if Mr. Nobel had himself worked less in dynamite? The curse of his wicked deed now reveals itself in the Nobel Prizedynamite continues to have its effect! A businessman's typical thinking, that among people, year after year, there must surely be as many geniuses as there are prizes drawn from the interest of the great capital investment. Thus the world must also falsely and deceitfully deal with the consequences of such a business mentality and extol (or have extolled) as geniuses, those who, throughout their lives, were never and never will be [geniuses]. Just look at the most recent Nobel prizewinner, Mr. Rolland ! He knows nothing about music, nothing even about the art of the novel, 3 and just as little about Germanness; and yet this multiple nothing confers upon him the greatest prize of the businessman Nobel! —

— Wordplay: farm animalanimal for profit (= merchant); the former is incomparably more agreeable to me. —

— From Dr. Carl Neumann, a notice of the resumption of his activity. — Kipling (even at the beginning of the war, furiously opposed to the German barbarians): in typical Anglo-Saxon fashion, Mr. Kipling has drawn his poetry chiefly from India , a country in which the English have perpetrated all the vices of their colonial-predatory activity and continue to do so; but how should such a man find even a receptive understanding for a Lessing, a Goethe, a Schiller, or a Herder, whose poetic works have surely never experienced similarly vicious soil? As far as I'm concerned, a poetically tinted sportsman – {553} but what does this type have in common with a true poet, whose heart would have to break at the sight of English activity in India before it was able to stammer out any poetry! — From Mrs. Gutherz, a question on behalf of Hans about when he could see me tomorrow, Thursday; I fix a time of 1 o'clock at the coffee house, or after 6:45 for only a few minutes. — Lie-Liechen in person at Mrs. Deutsch's; she learns that her health has improved somewhat. —

© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 On 19 August 1915 the Royal Navy warship HMS Baralong sank the German submarine U-27, which was going to sink a nearby merchant ship, the Nicosian. About a dozen of the crewmen managed to escape from the sinking submarine, and Lieutenant Godfrey Herbert, commanding officer of the Baralong, ordered his men to execute those survivors. The event generated widespread outrage in Germany and the German government submitted a memorandum stating that the Baralong's crew had committed a cowardly murder.

2 See "Ein Friedensschritt des Präsidenten Wilson," Neue Freie Presse, No. 18801, December 22, 1916, evening edition, pp. 1-2.

3 Romain Rolland received the 1915 Nobel Prize for literature for his novel Jean-Christophe (1904–12); it was awarded the following year. Schenker is not only disparaging his numerous writings on music here, but also his activities as a writer. And by saying that Rolland knew nothing about the art of the novel (Roman) rather than the art of literature, he is making a play on words on the prizewinner's first name.