26. VII. 15
Glücklicherweise lassen sich die deutschen Zeitungen von Wilson keineswegs einschüchtern; vielmehr fordern sie, u. womöglich noch energischer, die Fortsetzung des U-Boot-Krieges! *Ein oesterreichischer Minister bringt wieder einen Erlass wgegen Prei ßstreiberei zur Veröffentlichung. 1 In demselben Maße aber, wieals er in eben diesem Erlasse darin gegen seine untergebenen Beamten selbst auftritt, sie ausdrücklich einer unzulässigen Parteilichkeit u. sonstiger Pflichtverletzungen schuldig erklärt, wirkt sein Auftreten nur umso verletzender u. frivoler. Der Minister hat Wandel zu schaffen u. nicht blos Erlässe aus Wien zu schreiben, denn dem Bürger, zumal wenn er Konsument ist, fehlt es sicher ja eben an Macht, sich gerade die jene Macht zu verschaffen, die Amt des Ministers ist, umsoweniger, als wozu kommt, daß er sich gegenüber der Behörde schuldig machen würde, wenn er ihr nämlich die Gesetzesverletzung ins Gesicht sagen wollte vorwerfen, also das sagen wollte, was allein der Minister ihr zu sag ten befugt ist (siehe Beilage). *Auch die Sprache ist, dort angelangt , wo sie heute steht, als eine endlich selbständige Kunst aufzufassen, die, wie Musik vom Tanz, sich ähnlich vom Zweck losgelös ent konnte hat. In ihren ersten Stadien mag sie zwar lediglich dem Zweck der gegenseitigen Verständigung als einer Notwendigkeit gedient haben, doch ist sie seither sozusagen zu einer eigene nr Schönheit emporgewachsen, die sich aber in der Ueberschreitung des blos Notwendigen, also im gewissen Sinne in einem Luxus äußert. *
© Transcription Marko Deisinger. |
July 26, 1915.
Fortunately, the German newspapers are not in any way intimidated by Wilson; on the contrary, they demand the continuation of submarine warfare, and if possible even more vigorously! *An Austrian minister issues another public statement about the raising of prices. 1 To the same extent, however, that he himself intervenes in opposition to his subordinate officers, explicitly declaring them guilty of an unacceptable partisanship and other derelictions of duty, his intervention has all the more damaging and frivolous effect. The minister must institute changes and not merely issue statements from Vienna; for the citizen, especially when he is a consumer, indeed lacks the power to create for himself that power which is the office of the minister. He would make himself guilty in the eyes of the authorities if he were to accuse them of law infringement to their faces, that is, to declare that which the minister alone is authorized to declare (see collection [of clippings]). *Language, too, has arrived at the point today in which it should finally be regarded as an art in its own right, having detached itself from its function as music did from dance. In its initial phases, it may have simply served the necessary purpose of mutual understanding; but since then it has grown up, so to speak, into a beauty of his own. In exceeding what is merely necessary, however, it expresses itself to a certain extent, as a luxury. *
© Translation William Drabkin. |
26. VII. 15
Glücklicherweise lassen sich die deutschen Zeitungen von Wilson keineswegs einschüchtern; vielmehr fordern sie, u. womöglich noch energischer, die Fortsetzung des U-Boot-Krieges! *Ein oesterreichischer Minister bringt wieder einen Erlass wgegen Prei ßstreiberei zur Veröffentlichung. 1 In demselben Maße aber, wieals er in eben diesem Erlasse darin gegen seine untergebenen Beamten selbst auftritt, sie ausdrücklich einer unzulässigen Parteilichkeit u. sonstiger Pflichtverletzungen schuldig erklärt, wirkt sein Auftreten nur umso verletzender u. frivoler. Der Minister hat Wandel zu schaffen u. nicht blos Erlässe aus Wien zu schreiben, denn dem Bürger, zumal wenn er Konsument ist, fehlt es sicher ja eben an Macht, sich gerade die jene Macht zu verschaffen, die Amt des Ministers ist, umsoweniger, als wozu kommt, daß er sich gegenüber der Behörde schuldig machen würde, wenn er ihr nämlich die Gesetzesverletzung ins Gesicht sagen wollte vorwerfen, also das sagen wollte, was allein der Minister ihr zu sag ten befugt ist (siehe Beilage). *Auch die Sprache ist, dort angelangt , wo sie heute steht, als eine endlich selbständige Kunst aufzufassen, die, wie Musik vom Tanz, sich ähnlich vom Zweck losgelös ent konnte hat. In ihren ersten Stadien mag sie zwar lediglich dem Zweck der gegenseitigen Verständigung als einer Notwendigkeit gedient haben, doch ist sie seither sozusagen zu einer eigene nr Schönheit emporgewachsen, die sich aber in der Ueberschreitung des blos Notwendigen, also im gewissen Sinne in einem Luxus äußert. *
© Transcription Marko Deisinger. |
July 26, 1915.
Fortunately, the German newspapers are not in any way intimidated by Wilson; on the contrary, they demand the continuation of submarine warfare, and if possible even more vigorously! *An Austrian minister issues another public statement about the raising of prices. 1 To the same extent, however, that he himself intervenes in opposition to his subordinate officers, explicitly declaring them guilty of an unacceptable partisanship and other derelictions of duty, his intervention has all the more damaging and frivolous effect. The minister must institute changes and not merely issue statements from Vienna; for the citizen, especially when he is a consumer, indeed lacks the power to create for himself that power which is the office of the minister. He would make himself guilty in the eyes of the authorities if he were to accuse them of law infringement to their faces, that is, to declare that which the minister alone is authorized to declare (see collection [of clippings]). *Language, too, has arrived at the point today in which it should finally be regarded as an art in its own right, having detached itself from its function as music did from dance. In its initial phases, it may have simply served the necessary purpose of mutual understanding; but since then it has grown up, so to speak, into a beauty of his own. In exceeding what is merely necessary, however, it expresses itself to a certain extent, as a luxury. *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Maßnahmen der Regierung zur Bekämpfung der Preistreibereien. Ein Erlaß des Ministers des Innern," Neue Freie Presse, No. 18291, July 25, 1915, morning edition, pp. 17-18. |