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[printed letterhead: ]
Breslauer Orchester-Verein
Breslau, den 2. April 1926.
Steinstr. 4/6


Sehr geehrter Herr Dr. Schenker, 1

erlauben Sie mir, bitte, als einem Kenner & Verehrer verschiedener Ihrer Publikationen, besonders auch Ihrer „Darstellung des musikalischen Inhalts“ von Beethovens „Neunter,“ Ihnen eine Frage vorzulegen, deren Beantwortung gerade durch Sie mich ganz besonders interessieren würde.

Ich stehe vor der Aufführung der IX. Symphonie & bereite mich dazu, wie immer, wie zur Vornahme einer heiligen Handlung vor, wobei ich von neuem zu überlegen mich gezwungen fühle, wie das berühmte Oktavenmotiv des II. Satzes auszuführen sei, — um es kurz zu sagen — ob staccato oder non staccato d. h. also ob so: thumb oder so: thumb .
Beethoven hat diesem Takt keinerlei Ausführungsbestimmungen hinzugefügt, sondern immer erst den folgenden Takten der lockeren Viertel Staccatopünktchen 2 beigegeben, so dass man bei der sonstigen Genauigkeit seiner Bezeichnungen annehmen könnte, er habe den Takt mit der spring- {2} enden Oktaven nicht ebenso staccatiert haben wollen, wie die ihm folgenden Takte; & das ist durchweg so gehalten, im Hauptteil wie im Ritmo di tre battute. Factisch spielen wir ja auch vom 21. Takt nach dem ersten Fortissimo so & in den darauffolgenden 16 Takten ff im grossen Unisono der Streicher ganz von selbst wie unbewusst thumb . Aber umgekehrt, ebenfalls wie von selbst, hören wir in den Einleitungstakten Streicher & alle Bläser, wahrscheinlich um die Schärfe der tempestuosen Energie zum Ausdruck zu bringen, das bewusste Motiv staccatiert erklingen, vielleicht von der mitwirkenden Pauke angesteckt, die gar nicht anders als staccato spielen kann. Soll man nun etwa die Pauke als massgebend für diesen Takt während des ganzen Satzes ansehen? mir würde das schon in den 16 (me1odischen?) Takten hinter dem 21. Takt nach dem ersten Fortissimo, in denen ich das erste Viertelweich accentuieren & halten lasse[,] {3} nicht richtig erscheinen. Auch vom 10. Takt der Überschrift „Ritmo di quattro battute“ an, wo ein Wechsel zwischen Pauke & Hörner aufkommt, habe ich mich bisher nicht entschliessen können, die Hörner die einzig mögliche Art der Pauke mitmachen zu lassen, sondern ihnen immer empfohlen, das erste Viertel sich genau als mit einem Tenuto-Strich versehen vorzustellen, obgleich anderseits gerade von den Hörnern das Motiv „staccato“ sich äusserst charakteristisch ausnimmt & sich gut der Pauke in solcher Ausführung anschliesst. Ebenso müsste man ja, wenn man sich nach der Pauke richten wollte, die letzten 6 Takte vor der überschrift „Ritmo di tre battute“ [a, a-is, h] in ihrem Wechsel zwischen Streichern & Holzbläsern staccatiert ausführen lassen, wozu ich mich bisher aber nicht habe entschliessen können.

Wollten Sie nun, meiner höflichen Bitte entsprechend, sich die Zeit nehmen können, {4} Ihre mir wertvolle Ansicht über die Ausführung des bewussten Taktes zu sagen, so würde ich Ihnen zu verbindlichem Danke verpflichtet sein.

In der Hoffnung, Ihnen damit keine Unbequemlichkeit zu verursachen, empfiehlt sich Ihnen


hochachtungsvoll
Ihr
ergebener
[signed:] Georg Dohrn.

© Transcription John Rothgeb, 2012

[printed letterhead: ]
Breslau Orchestra Society
Breslau, April 2, 1926
Steinstr. 4/6


Dear Dr. Schenker, 1

Permit me, please, as one who knows and highly values various of your publications — especially your "Presentation of the Musical Content" of Beethoven’s "Ninth" — to pose a question to you to which your answer would be of really special interest to me.

Facing the prospect of a performance of the Ninth Symphony, I am preparing for it, as always, as though for a sacred act, in which I feel myself obliged anew to decide how the well-known octave-motif of the second movement should be performed — whether, to put it briefly, it should be staccato or non-staccato, i.e. whether this way: thumb or this: thumb .
Beethoven added no performance indications to this bar, but always applied staccato dots 2 only to the following bars of the ordinary quarters, so that given the general precision of his markings, one could assume that he did not want the bar with the {2} octave leaps performed with the same kind of staccato as that of the bars that succeed it; and that is maintained throughout, in both the principal section and the Ritmo di tre battute. Actually, we do play that way from the twenty-first bar after the first fortissimo, and in the subsequent sixteen bars ff in the great unisono the strings completely automatically, as though unconsciously thumb . But conversely, also as though automatically, we hear, in the introductory bars, strings and all winds — probably in order to give expression to the pungency of the tempestuous energy — sound the motif in question in staccato, perhaps infected by the collaborating kettle drum, which can play no other way than staccato. Now should one regard the kettle drum as setting the standard for this bar throughout the whole movement? That would not seem correct to me already in the sixteen (melodic?) bars following the twenty-first bar after the first fortissimo, in which I direct that the first quarter be weakly accented and held. {3} Also from the tenth bar of the heading "Ritmo di quattro battute" on, where an exchange occurs between kettle drum and horns, I have thus far not been able to make up my mind to have the horns join in the kettle drum's only possible mode of performance, but have instead always recommended to them to imagine the first quarter exactly as though a tenuto-stroke were applied to it; although on the other hand, precisely from the horns, the motif in staccato is set off in a most highly characteristic way and joins well with the kettle drum in this mode of performance. By the same token, if one wants to go by the kettle drum, one would have to have the last six bars before the heading "Ritmo di tre battute" [a, aě, b], in their alternation between strings and woodwinds, performed staccato, for which, however, I have thus far not been able to make up my mind.

If you would now be so good, in response to my polite request, as to find it possible to take the time {4} to tell me your estimable opinion as to the performance of the bar in question, I should be most sincerely grateful.

In the hope that no inconvenience may thereby be caused you, with kind regards I remain,


respectfully,
Yours
sincerely,
[signed:] Georg Dohrn.

© Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2012

[printed letterhead: ]
Breslauer Orchester-Verein
Breslau, den 2. April 1926.
Steinstr. 4/6


Sehr geehrter Herr Dr. Schenker, 1

erlauben Sie mir, bitte, als einem Kenner & Verehrer verschiedener Ihrer Publikationen, besonders auch Ihrer „Darstellung des musikalischen Inhalts“ von Beethovens „Neunter,“ Ihnen eine Frage vorzulegen, deren Beantwortung gerade durch Sie mich ganz besonders interessieren würde.

Ich stehe vor der Aufführung der IX. Symphonie & bereite mich dazu, wie immer, wie zur Vornahme einer heiligen Handlung vor, wobei ich von neuem zu überlegen mich gezwungen fühle, wie das berühmte Oktavenmotiv des II. Satzes auszuführen sei, — um es kurz zu sagen — ob staccato oder non staccato d. h. also ob so: thumb oder so: thumb .
Beethoven hat diesem Takt keinerlei Ausführungsbestimmungen hinzugefügt, sondern immer erst den folgenden Takten der lockeren Viertel Staccatopünktchen 2 beigegeben, so dass man bei der sonstigen Genauigkeit seiner Bezeichnungen annehmen könnte, er habe den Takt mit der spring- {2} enden Oktaven nicht ebenso staccatiert haben wollen, wie die ihm folgenden Takte; & das ist durchweg so gehalten, im Hauptteil wie im Ritmo di tre battute. Factisch spielen wir ja auch vom 21. Takt nach dem ersten Fortissimo so & in den darauffolgenden 16 Takten ff im grossen Unisono der Streicher ganz von selbst wie unbewusst thumb . Aber umgekehrt, ebenfalls wie von selbst, hören wir in den Einleitungstakten Streicher & alle Bläser, wahrscheinlich um die Schärfe der tempestuosen Energie zum Ausdruck zu bringen, das bewusste Motiv staccatiert erklingen, vielleicht von der mitwirkenden Pauke angesteckt, die gar nicht anders als staccato spielen kann. Soll man nun etwa die Pauke als massgebend für diesen Takt während des ganzen Satzes ansehen? mir würde das schon in den 16 (me1odischen?) Takten hinter dem 21. Takt nach dem ersten Fortissimo, in denen ich das erste Viertelweich accentuieren & halten lasse[,] {3} nicht richtig erscheinen. Auch vom 10. Takt der Überschrift „Ritmo di quattro battute“ an, wo ein Wechsel zwischen Pauke & Hörner aufkommt, habe ich mich bisher nicht entschliessen können, die Hörner die einzig mögliche Art der Pauke mitmachen zu lassen, sondern ihnen immer empfohlen, das erste Viertel sich genau als mit einem Tenuto-Strich versehen vorzustellen, obgleich anderseits gerade von den Hörnern das Motiv „staccato“ sich äusserst charakteristisch ausnimmt & sich gut der Pauke in solcher Ausführung anschliesst. Ebenso müsste man ja, wenn man sich nach der Pauke richten wollte, die letzten 6 Takte vor der überschrift „Ritmo di tre battute“ [a, a-is, h] in ihrem Wechsel zwischen Streichern & Holzbläsern staccatiert ausführen lassen, wozu ich mich bisher aber nicht habe entschliessen können.

Wollten Sie nun, meiner höflichen Bitte entsprechend, sich die Zeit nehmen können, {4} Ihre mir wertvolle Ansicht über die Ausführung des bewussten Taktes zu sagen, so würde ich Ihnen zu verbindlichem Danke verpflichtet sein.

In der Hoffnung, Ihnen damit keine Unbequemlichkeit zu verursachen, empfiehlt sich Ihnen


hochachtungsvoll
Ihr
ergebener
[signed:] Georg Dohrn.

© Transcription John Rothgeb, 2012

[printed letterhead: ]
Breslau Orchestra Society
Breslau, April 2, 1926
Steinstr. 4/6


Dear Dr. Schenker, 1

Permit me, please, as one who knows and highly values various of your publications — especially your "Presentation of the Musical Content" of Beethoven’s "Ninth" — to pose a question to you to which your answer would be of really special interest to me.

Facing the prospect of a performance of the Ninth Symphony, I am preparing for it, as always, as though for a sacred act, in which I feel myself obliged anew to decide how the well-known octave-motif of the second movement should be performed — whether, to put it briefly, it should be staccato or non-staccato, i.e. whether this way: thumb or this: thumb .
Beethoven added no performance indications to this bar, but always applied staccato dots 2 only to the following bars of the ordinary quarters, so that given the general precision of his markings, one could assume that he did not want the bar with the {2} octave leaps performed with the same kind of staccato as that of the bars that succeed it; and that is maintained throughout, in both the principal section and the Ritmo di tre battute. Actually, we do play that way from the twenty-first bar after the first fortissimo, and in the subsequent sixteen bars ff in the great unisono the strings completely automatically, as though unconsciously thumb . But conversely, also as though automatically, we hear, in the introductory bars, strings and all winds — probably in order to give expression to the pungency of the tempestuous energy — sound the motif in question in staccato, perhaps infected by the collaborating kettle drum, which can play no other way than staccato. Now should one regard the kettle drum as setting the standard for this bar throughout the whole movement? That would not seem correct to me already in the sixteen (melodic?) bars following the twenty-first bar after the first fortissimo, in which I direct that the first quarter be weakly accented and held. {3} Also from the tenth bar of the heading "Ritmo di quattro battute" on, where an exchange occurs between kettle drum and horns, I have thus far not been able to make up my mind to have the horns join in the kettle drum's only possible mode of performance, but have instead always recommended to them to imagine the first quarter exactly as though a tenuto-stroke were applied to it; although on the other hand, precisely from the horns, the motif in staccato is set off in a most highly characteristic way and joins well with the kettle drum in this mode of performance. By the same token, if one wants to go by the kettle drum, one would have to have the last six bars before the heading "Ritmo di tre battute" [a, aě, b], in their alternation between strings and woodwinds, performed staccato, for which, however, I have thus far not been able to make up my mind.

If you would now be so good, in response to my polite request, as to find it possible to take the time {4} to tell me your estimable opinion as to the performance of the bar in question, I should be most sincerely grateful.

In the hope that no inconvenience may thereby be caused you, with kind regards I remain,


respectfully,
Yours
sincerely,
[signed:] Georg Dohrn.

© Translation John Rothgeb & Heribert Esser, 2012

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 3/8, p. 2932, April 5, 1926: "Vom Kapellmeister Dr Georg Dohrn (Br. aus Breslau): wie das Hauptmotiv im Scherzo der IX. Sinfonie zu spielen sei." ("From conductor Dr. Georg Dohrn (letter from Breslau): how the principal motive of the Scherzo of the Ninth Symphony is to be played.").

2 Beethoven’s autograph score shows strokes rather than dots, but published scores in general — including, no doubt, the one Dohrn was using — show only dots.

Commentary

Provenance
Heinrich Schenker (1926-1935)--Schenker, Jeanette (1935-1938)--Oster, Ernst (1938-c.1939)--New York Public Library (c.1939-)
Rights Holder
Heirs of Georg Dohrn
License
Permission applied for. Any claim to intellectual rights on this document should be addressed to the Schenker Documents Online, at schenkercorrespondence [at] mus (dot) cam (dot) ac (dot) uk
Format
4p letter, printed letterhead, holograph message and signature
Provenance
Schenker, Heinrich (document date-1935)--Schenker, Jeanette (1935-1938)--Oster, Ernst (1938-c.1939)—New York Public Library (c.1939-)

Digital version created: 2013-01-10
Last updated: 2013-01-10