23. X. 1914
Nach angestrengter Tagesarbeit wieder abends einen kleinen Spaziergang gemacht u. wieder empfangen wir gleich beim Ausstritt aus dem Haus Extraausgaben, die von namhaften T Erfolgen unserer Truppen sowohl in russisch-Polen [sic] als in Galizien melden; 4600 gefangene Russen!! 1 Noch erfreulicher war indessen die Nachricht, daß die Deutschen auf dem Landweg Unterseeboote in den Canal gebracht haben. 2 Dadurch erscheint nun England unmittelbar betroffen u. beginnt nun endlich an der eigenen Haut zu spüren, was es in angeborener Niedrigkeit blos für die Verbündeten reserviert hat. *Lie-Liechen macht mir den liebevollen Antrag selbst für die Mama sorgen zu wollen, sie zu sich zu nehmen, u. s. w. Discussion über alle Möglichkeiten, wobei ich unverholen [sic] der Befürchtung Ausdruck gebe, daß wir vielmehr wagen würden, als die Mama selbst gewänne. Entscheidend ist für mich wie von jeher die Erkenntnis, daß die Mutter gerne Vorteile eines wohlhabenden u. hygienischen Milieus genießen möchte, nicht aber ebenso gerne auf das gewohnte galizische Milieu verzichten möchte. Der Widerstand in den Wünschen ist unüberbrückbar. Es könnte also passieren, daß Lie-Liechen sich in Erfüllung der manigfachen [sic] Aufgaben erschöpft, ohne den vollen Dank der Mutter gewinnen zu können. *
© Transcription Marko Deisinger. |
October 23, 1914.
After a day's strenuous work, another evening walk taken; and again as soon as we leave the house we receive extra editions which report significant successes of our troops both in Russian Poland and in Galicia; 4,600 Russian prisoners!! 1 Even more gratifying, however, was the news that the Germans had brought submarines overland to the English Channel. 2 From this, England now appears directly affected and is finally beginning to feel on its own skin that which, in its innate baseness, it has merely reserved for its allies. *Lie-Liechen makes me the kindhearted offer to look after Mama herself, to take her in, and so forth. Discussion of all possibilities, whereby I openly express my concern that we would risk more than Mama would gain herself. What is crucial for me, as always, is the knowledge that my mother would gladly enjoy the advantages a well-to-do and hygienic environment, but at the same time would not wish to give up her customary Galician milieu. The opposition in these desires is unbridgeable. It could thus happen the Lie-Liechen would exhaust herself fulfilling her manifold duties, without being able to gain my mother's full gratitude. *
© Translation William Drabkin. |
23. X. 1914
Nach angestrengter Tagesarbeit wieder abends einen kleinen Spaziergang gemacht u. wieder empfangen wir gleich beim Ausstritt aus dem Haus Extraausgaben, die von namhaften T Erfolgen unserer Truppen sowohl in russisch-Polen [sic] als in Galizien melden; 4600 gefangene Russen!! 1 Noch erfreulicher war indessen die Nachricht, daß die Deutschen auf dem Landweg Unterseeboote in den Canal gebracht haben. 2 Dadurch erscheint nun England unmittelbar betroffen u. beginnt nun endlich an der eigenen Haut zu spüren, was es in angeborener Niedrigkeit blos für die Verbündeten reserviert hat. *Lie-Liechen macht mir den liebevollen Antrag selbst für die Mama sorgen zu wollen, sie zu sich zu nehmen, u. s. w. Discussion über alle Möglichkeiten, wobei ich unverholen [sic] der Befürchtung Ausdruck gebe, daß wir vielmehr wagen würden, als die Mama selbst gewänne. Entscheidend ist für mich wie von jeher die Erkenntnis, daß die Mutter gerne Vorteile eines wohlhabenden u. hygienischen Milieus genießen möchte, nicht aber ebenso gerne auf das gewohnte galizische Milieu verzichten möchte. Der Widerstand in den Wünschen ist unüberbrückbar. Es könnte also passieren, daß Lie-Liechen sich in Erfüllung der manigfachen [sic] Aufgaben erschöpft, ohne den vollen Dank der Mutter gewinnen zu können. *
© Transcription Marko Deisinger. |
October 23, 1914.
After a day's strenuous work, another evening walk taken; and again as soon as we leave the house we receive extra editions which report significant successes of our troops both in Russian Poland and in Galicia; 4,600 Russian prisoners!! 1 Even more gratifying, however, was the news that the Germans had brought submarines overland to the English Channel. 2 From this, England now appears directly affected and is finally beginning to feel on its own skin that which, in its innate baseness, it has merely reserved for its allies. *Lie-Liechen makes me the kindhearted offer to look after Mama herself, to take her in, and so forth. Discussion of all possibilities, whereby I openly express my concern that we would risk more than Mama would gain herself. What is crucial for me, as always, is the knowledge that my mother would gladly enjoy the advantages a well-to-do and hygienic environment, but at the same time would not wish to give up her customary Galician milieu. The opposition in these desires is unbridgeable. It could thus happen the Lie-Liechen would exhaust herself fulfilling her manifold duties, without being able to gain my mother's full gratitude. *
© Translation William Drabkin. |
Footnotes1 "Unsere Erfolge in Westgalizien und Russisch-Polen. 1000 Russen am San, 3600 Russen bei Iwangorod gefangen," Die Zeit, October 23, 1914, extra edition, p. 1. 2 "Um Middelkerke und Westende. Ein englisches Lob für die deutsche Flotte," Berliner Tageblatt, No. 540, 42nd year, October 23, 1914, evening edition, p. [1]. |