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18.

Zum ersten mal [sic] mit Lie-Liechen im Burgtheater bei „Ceasar Caesar u. Cleopatra“ von Shaw. 1 Lie-Liechen hat die Genugtuung von Leuten ihrer früheren „Heimat“ gesehen worden zu sein u. hofft, daß der Neid genügend Nahrung finden 2 wird. Gute Unterhaltung!
Das Stück selbst machte keinen günstigen Eindruck. Ob eine falsch parodierende Darstellung der Schauspieler oder eine Parodie des Autors anzunehmen war, – nicht einmal dieses konnte bei der Mannigfaltigkeit u. den Widersprüchen der Wirkungen festgestellt werden. Bald konnten wir glauben, daß der Autor es besser mit [illeg]Caesar meine als der Schauspieler es zeigt, bald aber {312} mußten wir auch daran zweifeln, so daß uns bis zur Stunde nicht klar ist, ob Shaw die Größe Caesar’s diskreditiren oder als solche aufrechterhalten aufrecht erhalten wollte, wenn auch mit Ausgestaltung unwesentlicher Details. Für jeden Fall ist es Shaw nicht gut bekommen, das dramatische Gesetz verletzt zu haben, das die Weglassung unwesentlicher Details fordert. Kein Zweifel, daß das Leben eines großen Menschen genau so unwesentliche Secunden aufweist, wie das eines Durchschnittsmenschen. Sie sind schlimmstenfalls ein Tribut an die Körperlichkeit u. so j spärlich, daß man sie im Grunde nicht einmal wahrzunehmen Gelegenheit hat. Zumal in einer Zeit wie die heutige, ist eine Darstellung wie die Shaw’s gefährlich u. erzieherisch falsch. Mag es tausendmal wahr sein, daß in Caesar’s Leben vieles sich so zugetragen hat, als wie Shaw es gesehen haben möchte, so ist es noch wahrer, daß Caesar nicht darin seine Größe zeigte, sondern in seinen Leistungen. Es ist aber pädagogisch falsch, die Größe nicht durch die großen Leistungen zu erklären, sondern das Gemeinsame hervorzuheben. Letzteres haben ja alle, nur eben die Leistungen eines Caesar nicht u. es wäre wichtiger, diese den Durchschnittsmenschen näher zu bringen. Im übrigen ist ein Genie wie Caesar auch in seinen Kleinigkeiten noch immer anders u. größer als der Durchschnittsmensch. Man ist nicht groß, ohne es auch im Kleinsten zu sein! Nur der Durchschnittsmensch rächt sich aus verletzter Eitelkeit dadurch, daß er dasjenige betont, was er angeblich mit dem Genie gemeinsam habe. All dieses gilt auch von der Erotik eines Genies: wie alles bei ihm, hat auch die Liebe einen anderen Inhalt, andere Form, gesteigerte Intensität u. Haltbarkeit. Es ist ein Maximum in seiner Art, während das Minimum der Liebe das unglückselige Fatum der Durchschnittsmenschen ist. Das Minimum besteht im Geschlechtsact u. der nach Maßgabe eines kurzen Zeitraumes möglichen wonnigen Ausstrahlung eines Müßiggangs. Das Minimum wird hauptsächlich wegen des Mindestmaßes an Anstrengung kultivirt. {313} Wäre der Geschlechtsact eine Anstrengung, der Durchschnittsmensch würde ihn aus Scheu vor der Anstrengung meiden (in der Tat meidet er ihn, sobald er ihm eine Anstrengung geworden ist). Auch die um den Geschlechtsact lagernde Zone von Trägheit u. Gedankenlosigkeit ist den Liebenden wegen des Mindestmaßes an Anstrengung willkommen. Ein Anderes ist es freilich, daß die Eitelkeit der Durchschnittsmenschen dieses Minimum als Höchstmaß ihrer Leistung sich u. den anderen einreden; sie entziehen sich jeder Pflicht mit dem Hinweis auf die Erfüllung des Minimums. So wenig Instinkt zur Liebe aus Mangel an Begabung besitzen die Menschen, daß sie leider nur im Minimum das Glück sehen u. es als Glück nicht mehr betrachten, wenn das Minimum überschritten wird. Die Aermsten ahnen nicht, daß die Inhaltslosigkeit des Müßiggangs die Todesursache der sogenannten Liebe ist, die sie meinen; sie möchten Müßiggang als Kennzeichen der Liebe u. wissen nicht, daß sie damit den Untergang herbeiwünschen.
Shaw läßt Caesar an der Entwicklung Cleopatra’s teilnehmen; kein Liebender von kleinerem Range wird ihr diesen Dienst erweisen können. Bedenkt man nun, daß das Minimum in beiden Fällen ja aufrecht bleibt, wahrscheinlicherweise sogar bei Caesar besser fundirt ist, so zieht Cleopatra noch einen Vorteil aus dem Ueberschuß. Die runden starken Arme, nach denen sie sich sehnt, geben doch nichts als das Minimum u. haben außerdem den Keim eines frühen Todes in sich. Die Einbildung ersetzt nur eine Weile die Inhaltslosigkeit; endlich kommt der Untergang u. die Einbildung steht ratlos vor dem Zusammenbruch. Wie viel Minima absolvirt jeder Mensch, wie oft war er genötigt aus Mangel an Inhalt das Minimum zu betreiben u. dafür die Einbildung in Scene zu setzen. Keinen Menschen gibt es aber, der davon einen wohligen Nachgeschmack behalten würde, was untrüglicher Beweis dafür ist, daß eine Illusion den Mangel des Inhaltes {314} eine Weile nicht aufkommen ließ, daß aber die Wahrheit der Situation zu guter letzt [sic] dennoch die Spitze gegen die angeblich Liebenden kehrt. Freilich ist das Menschengeschlecht zu unbegabt, um aus all diesen di Niederlagen die Lehre zu schöpfen, daß die eingebildete Liebe, daß das Minium nicht eben Liebe sei. Andererseits – wie will der Durchschnittsmensch das Genie nachahmen? Das überschreitet seine Kraft! Man kann es auch so sagen: In einer Stunde liebt Caesar besser, als die Helden des Minimums durch Jahre lieben! Somit entgeht der Cleopatra gar nichts, wenn er, durch eine Situation genötigt, seine Kraft einer Pflicht oder dergleichen widmet. Denn derjenige, der die Schlacht nicht so siegreich liefert, der vermag auch ohne Schlacht an die Geliebte nicht so energisch zu denken, als eben ein Caesar. Leider können dieses die Frauen, die , wie ich ja oben sagte, selbst keinen Instinkt zum Glück haben, ja gar nicht verstehen; sie müßten denn selbst Genies sein u. bemerken, daß nur derjenige wahrhaft lieben kann, der Energie auch auf die Geliebte konzentrirt, welche Eigenschaft aber doch nur wieder beim Genie anzutreffen ist; wer nicht konzentrirt arbeiten u. denken kann, kann nur die Liebe in einem Minimum absolviren, die ihm dann eben keine Anstrengung bietet.

*

Daß man freie Verhältnisse nicht ohneweiters gestattet, ist nur in Ordnung. Ein starker Mensch braucht sie nur aus Not u. erfüllt die Aufgabe aufs genaueste [sic], als wäre es das Gesetzmäßigste. Aber dem Nachahmungsbedürfnis u. der Eitelkeit der Durchschnittsmenschen darf die Leistung des Stärkeren nicht preisgegeben werden, denn sofort zieht er vom Maximum für sich nur ein Minimum ab, also nur die Freiheit des Verhältnisses an sich, ohne Pflichten, ohne Anstrengung u. nur mit der geheuchelten Ausrede auf das Vorbild des Maximums. Man erlebt es ja alle Tage, wie die Helden des Minimums freie Verhältnisse erledigen!

*

{315} Artur Pollak sagt meine Einladung ab.

*

© Transcription Marko Deisinger.

18.

With Lie-Liechen for the first time in the Burgtheater for Caesar and Cleopatra by Shaw. 1 Lie-Liechen had the pleasure of being seen by people from her previous "home," and hopes that their envy will be sufficiently nourished. 2 A nice amusement!
The play itself did not make a favorable impression. Whether a falsely parodying representation of the actors or a parody on the author’s part was implicit, not even this could be determined from the multifariousness and the contradictions of the effects. At first we believed that the author has more sympathy for [illeg]Caesar than the actor shows, but {312} then we were soon even doubtful of that. Up to this point it is not clear to us whether Shaw wished to discredit Caesar’s greatness or uphold it as such, even by embellishing it with irrelevant details. In any event it was not effective for Shaw to compromise the rule of drama that demands the omission of irrelevant details: undoubtedly, the life of a great man contains just as many unimportant seconds as that of an ordinary human being. At worst, they are a tribute to his physical being, and so scarce that one does not actually have the opportunity of perceiving them. All the more at a time like today, Shaw’s representation is dangerous, and wrong from an educational standpoint. Even if it is a thousand times true that so many things happened in Caesar’s life as Shaw would like to imagine, it is even truer that Caesar did not reveal his greatness in these, but rather in his accomplishments. It is, however, pedagogically false to explain his greatness not by great accomplishment but by emphasizing the common. Everyone has the latter, but they do not have the accomplishments of a Caesar, and it would have been more important to bring these closer to ordinary people. Moreover, a genius like Caesar, even in his trivial matters, is still different from and greater than an ordinary person. One is not great without also being great in the smallest things! Only the ordinary person takes vengeance, on account of wounded vanity, by emphasizing what he has in common with the genius. All of this also applies to the eroticism of a genius: like everything else about him, love, too, has a different content, a different form, a heightened intensity and duration. It is the maximum in his nature, whereas the minimum of love is the hapless fate of the ordinary person. The minimum consists of the sexual act and the blessed radiance of an act of idleness in the shortest possible time span. The minimum is cultivated principally on account of a minimum of effort. {313} Were the sexual act a great endeavor, then the ordinary person would avoid it, being unwilling to make a great effort. (In fact, he avoids it as soon as it becomes an effort.) Even the field of inertia and thoughtlessness, which is encamped around the sexual act, is welcome to lovers on account of their modicum of exertion. It is of course a different matter that the vanity of ordinary people persuades them and others that this minimum is the upper limit of their achievement; they escape all obligation by pointing to this fulfillment of the minimum. So little instinct for love do people possess, from their lack of giftedness, that they unfortunately see happiness only in the minimum, and they no longer regard it as happiness when that minimum is exceeded. The poorest people are not aware that the emptiness of idleness is the death-knell of so-called love as they understand it. They would like to see idleness as a sign of love, and do not realize that they are thereby wishing for its demise.
Shaw has Caesar take part in Cleopatra’s development; no lover of a lower order would be able to render her this service. If one now considers that the minimum is indeed maintained on both sides, and is actually more likely to be better founded on Caesar’s part, then Cleopatra still gains the advantage from the surplus. But his round, strong arms that she yearns for yield, however, nothing but the minimum, and moreover contain within themselves the seeds of an early death. The imagination merely replaces emptiness for a while; finally, the downfall comes and the imagination stands helpless in the face of the collapse. How many minimums does every person accomplish, how often was he compelled, from lack of content, to pursue the minimum, and for that to imagine placing himself in the scene. But there is no one who would retain a pleasant aftertaste from it, which is irrefutable proof that an illusion did not allow the lack of content to develop for a while, {314} but that the truth of the situation nonetheless ultimately turns its sting against the supposed lovers. Admittedly the human race is too ungifted to derive the lesson from all these defeats that the imagined love, that minimum, is not even love. On the other hand, how is the ordinary person to emulate the genius? To do so would exceed his power! One can also put it this way: in one hour Caesar loves better than the heroes of minimum effort love for years! Thus Cleopatra escapes nothing at all when he, necessitated by a situation, dedicates his strength to a duty or the like. For the one who is not so victorious in battle cannot think about his beloved, even without a battle, as energetically as a Caesar himself. Unfortunately, women who themselves have no instinct for happiness cannot understand this at all. They would themselves have to be geniuses, and to notice that is it only he who concentrates energy upon his beloved who can love truly, a property that is again encountered only in the genius. Anyone who cannot work and think intently can only dispatch love to a minimal extent – a love that then offers him simply no exertion.

*

That one does not automatically permit free relationships is only proper. A strong person needs them only in extreme circumstances, and fulfills his task in the most precise way, as if it were the most lawful thing to do. But the accomplishment of the stronger person should not be sacrificed to the vanity of the ordinary person and his need to imitate; for he will deduct from the maximum only a minimum for himself – that is, only the freedom of the relationship in itself, without obligations, without exertion, and only with the hypocritical plea to the model of the maximum. One indeed experiences day in, day out, how the heroes of the minimum manage their free relationships!

*

{315} Artur Pollak turns down my invitation.

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© Translation William Drabkin.

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Zum ersten mal [sic] mit Lie-Liechen im Burgtheater bei „Ceasar Caesar u. Cleopatra“ von Shaw. 1 Lie-Liechen hat die Genugtuung von Leuten ihrer früheren „Heimat“ gesehen worden zu sein u. hofft, daß der Neid genügend Nahrung finden 2 wird. Gute Unterhaltung!
Das Stück selbst machte keinen günstigen Eindruck. Ob eine falsch parodierende Darstellung der Schauspieler oder eine Parodie des Autors anzunehmen war, – nicht einmal dieses konnte bei der Mannigfaltigkeit u. den Widersprüchen der Wirkungen festgestellt werden. Bald konnten wir glauben, daß der Autor es besser mit [illeg]Caesar meine als der Schauspieler es zeigt, bald aber {312} mußten wir auch daran zweifeln, so daß uns bis zur Stunde nicht klar ist, ob Shaw die Größe Caesar’s diskreditiren oder als solche aufrechterhalten aufrecht erhalten wollte, wenn auch mit Ausgestaltung unwesentlicher Details. Für jeden Fall ist es Shaw nicht gut bekommen, das dramatische Gesetz verletzt zu haben, das die Weglassung unwesentlicher Details fordert. Kein Zweifel, daß das Leben eines großen Menschen genau so unwesentliche Secunden aufweist, wie das eines Durchschnittsmenschen. Sie sind schlimmstenfalls ein Tribut an die Körperlichkeit u. so j spärlich, daß man sie im Grunde nicht einmal wahrzunehmen Gelegenheit hat. Zumal in einer Zeit wie die heutige, ist eine Darstellung wie die Shaw’s gefährlich u. erzieherisch falsch. Mag es tausendmal wahr sein, daß in Caesar’s Leben vieles sich so zugetragen hat, als wie Shaw es gesehen haben möchte, so ist es noch wahrer, daß Caesar nicht darin seine Größe zeigte, sondern in seinen Leistungen. Es ist aber pädagogisch falsch, die Größe nicht durch die großen Leistungen zu erklären, sondern das Gemeinsame hervorzuheben. Letzteres haben ja alle, nur eben die Leistungen eines Caesar nicht u. es wäre wichtiger, diese den Durchschnittsmenschen näher zu bringen. Im übrigen ist ein Genie wie Caesar auch in seinen Kleinigkeiten noch immer anders u. größer als der Durchschnittsmensch. Man ist nicht groß, ohne es auch im Kleinsten zu sein! Nur der Durchschnittsmensch rächt sich aus verletzter Eitelkeit dadurch, daß er dasjenige betont, was er angeblich mit dem Genie gemeinsam habe. All dieses gilt auch von der Erotik eines Genies: wie alles bei ihm, hat auch die Liebe einen anderen Inhalt, andere Form, gesteigerte Intensität u. Haltbarkeit. Es ist ein Maximum in seiner Art, während das Minimum der Liebe das unglückselige Fatum der Durchschnittsmenschen ist. Das Minimum besteht im Geschlechtsact u. der nach Maßgabe eines kurzen Zeitraumes möglichen wonnigen Ausstrahlung eines Müßiggangs. Das Minimum wird hauptsächlich wegen des Mindestmaßes an Anstrengung kultivirt. {313} Wäre der Geschlechtsact eine Anstrengung, der Durchschnittsmensch würde ihn aus Scheu vor der Anstrengung meiden (in der Tat meidet er ihn, sobald er ihm eine Anstrengung geworden ist). Auch die um den Geschlechtsact lagernde Zone von Trägheit u. Gedankenlosigkeit ist den Liebenden wegen des Mindestmaßes an Anstrengung willkommen. Ein Anderes ist es freilich, daß die Eitelkeit der Durchschnittsmenschen dieses Minimum als Höchstmaß ihrer Leistung sich u. den anderen einreden; sie entziehen sich jeder Pflicht mit dem Hinweis auf die Erfüllung des Minimums. So wenig Instinkt zur Liebe aus Mangel an Begabung besitzen die Menschen, daß sie leider nur im Minimum das Glück sehen u. es als Glück nicht mehr betrachten, wenn das Minimum überschritten wird. Die Aermsten ahnen nicht, daß die Inhaltslosigkeit des Müßiggangs die Todesursache der sogenannten Liebe ist, die sie meinen; sie möchten Müßiggang als Kennzeichen der Liebe u. wissen nicht, daß sie damit den Untergang herbeiwünschen.
Shaw läßt Caesar an der Entwicklung Cleopatra’s teilnehmen; kein Liebender von kleinerem Range wird ihr diesen Dienst erweisen können. Bedenkt man nun, daß das Minimum in beiden Fällen ja aufrecht bleibt, wahrscheinlicherweise sogar bei Caesar besser fundirt ist, so zieht Cleopatra noch einen Vorteil aus dem Ueberschuß. Die runden starken Arme, nach denen sie sich sehnt, geben doch nichts als das Minimum u. haben außerdem den Keim eines frühen Todes in sich. Die Einbildung ersetzt nur eine Weile die Inhaltslosigkeit; endlich kommt der Untergang u. die Einbildung steht ratlos vor dem Zusammenbruch. Wie viel Minima absolvirt jeder Mensch, wie oft war er genötigt aus Mangel an Inhalt das Minimum zu betreiben u. dafür die Einbildung in Scene zu setzen. Keinen Menschen gibt es aber, der davon einen wohligen Nachgeschmack behalten würde, was untrüglicher Beweis dafür ist, daß eine Illusion den Mangel des Inhaltes {314} eine Weile nicht aufkommen ließ, daß aber die Wahrheit der Situation zu guter letzt [sic] dennoch die Spitze gegen die angeblich Liebenden kehrt. Freilich ist das Menschengeschlecht zu unbegabt, um aus all diesen di Niederlagen die Lehre zu schöpfen, daß die eingebildete Liebe, daß das Minium nicht eben Liebe sei. Andererseits – wie will der Durchschnittsmensch das Genie nachahmen? Das überschreitet seine Kraft! Man kann es auch so sagen: In einer Stunde liebt Caesar besser, als die Helden des Minimums durch Jahre lieben! Somit entgeht der Cleopatra gar nichts, wenn er, durch eine Situation genötigt, seine Kraft einer Pflicht oder dergleichen widmet. Denn derjenige, der die Schlacht nicht so siegreich liefert, der vermag auch ohne Schlacht an die Geliebte nicht so energisch zu denken, als eben ein Caesar. Leider können dieses die Frauen, die , wie ich ja oben sagte, selbst keinen Instinkt zum Glück haben, ja gar nicht verstehen; sie müßten denn selbst Genies sein u. bemerken, daß nur derjenige wahrhaft lieben kann, der Energie auch auf die Geliebte konzentrirt, welche Eigenschaft aber doch nur wieder beim Genie anzutreffen ist; wer nicht konzentrirt arbeiten u. denken kann, kann nur die Liebe in einem Minimum absolviren, die ihm dann eben keine Anstrengung bietet.

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Daß man freie Verhältnisse nicht ohneweiters gestattet, ist nur in Ordnung. Ein starker Mensch braucht sie nur aus Not u. erfüllt die Aufgabe aufs genaueste [sic], als wäre es das Gesetzmäßigste. Aber dem Nachahmungsbedürfnis u. der Eitelkeit der Durchschnittsmenschen darf die Leistung des Stärkeren nicht preisgegeben werden, denn sofort zieht er vom Maximum für sich nur ein Minimum ab, also nur die Freiheit des Verhältnisses an sich, ohne Pflichten, ohne Anstrengung u. nur mit der geheuchelten Ausrede auf das Vorbild des Maximums. Man erlebt es ja alle Tage, wie die Helden des Minimums freie Verhältnisse erledigen!

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{315} Artur Pollak sagt meine Einladung ab.

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© Transcription Marko Deisinger.

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With Lie-Liechen for the first time in the Burgtheater for Caesar and Cleopatra by Shaw. 1 Lie-Liechen had the pleasure of being seen by people from her previous "home," and hopes that their envy will be sufficiently nourished. 2 A nice amusement!
The play itself did not make a favorable impression. Whether a falsely parodying representation of the actors or a parody on the author’s part was implicit, not even this could be determined from the multifariousness and the contradictions of the effects. At first we believed that the author has more sympathy for [illeg]Caesar than the actor shows, but {312} then we were soon even doubtful of that. Up to this point it is not clear to us whether Shaw wished to discredit Caesar’s greatness or uphold it as such, even by embellishing it with irrelevant details. In any event it was not effective for Shaw to compromise the rule of drama that demands the omission of irrelevant details: undoubtedly, the life of a great man contains just as many unimportant seconds as that of an ordinary human being. At worst, they are a tribute to his physical being, and so scarce that one does not actually have the opportunity of perceiving them. All the more at a time like today, Shaw’s representation is dangerous, and wrong from an educational standpoint. Even if it is a thousand times true that so many things happened in Caesar’s life as Shaw would like to imagine, it is even truer that Caesar did not reveal his greatness in these, but rather in his accomplishments. It is, however, pedagogically false to explain his greatness not by great accomplishment but by emphasizing the common. Everyone has the latter, but they do not have the accomplishments of a Caesar, and it would have been more important to bring these closer to ordinary people. Moreover, a genius like Caesar, even in his trivial matters, is still different from and greater than an ordinary person. One is not great without also being great in the smallest things! Only the ordinary person takes vengeance, on account of wounded vanity, by emphasizing what he has in common with the genius. All of this also applies to the eroticism of a genius: like everything else about him, love, too, has a different content, a different form, a heightened intensity and duration. It is the maximum in his nature, whereas the minimum of love is the hapless fate of the ordinary person. The minimum consists of the sexual act and the blessed radiance of an act of idleness in the shortest possible time span. The minimum is cultivated principally on account of a minimum of effort. {313} Were the sexual act a great endeavor, then the ordinary person would avoid it, being unwilling to make a great effort. (In fact, he avoids it as soon as it becomes an effort.) Even the field of inertia and thoughtlessness, which is encamped around the sexual act, is welcome to lovers on account of their modicum of exertion. It is of course a different matter that the vanity of ordinary people persuades them and others that this minimum is the upper limit of their achievement; they escape all obligation by pointing to this fulfillment of the minimum. So little instinct for love do people possess, from their lack of giftedness, that they unfortunately see happiness only in the minimum, and they no longer regard it as happiness when that minimum is exceeded. The poorest people are not aware that the emptiness of idleness is the death-knell of so-called love as they understand it. They would like to see idleness as a sign of love, and do not realize that they are thereby wishing for its demise.
Shaw has Caesar take part in Cleopatra’s development; no lover of a lower order would be able to render her this service. If one now considers that the minimum is indeed maintained on both sides, and is actually more likely to be better founded on Caesar’s part, then Cleopatra still gains the advantage from the surplus. But his round, strong arms that she yearns for yield, however, nothing but the minimum, and moreover contain within themselves the seeds of an early death. The imagination merely replaces emptiness for a while; finally, the downfall comes and the imagination stands helpless in the face of the collapse. How many minimums does every person accomplish, how often was he compelled, from lack of content, to pursue the minimum, and for that to imagine placing himself in the scene. But there is no one who would retain a pleasant aftertaste from it, which is irrefutable proof that an illusion did not allow the lack of content to develop for a while, {314} but that the truth of the situation nonetheless ultimately turns its sting against the supposed lovers. Admittedly the human race is too ungifted to derive the lesson from all these defeats that the imagined love, that minimum, is not even love. On the other hand, how is the ordinary person to emulate the genius? To do so would exceed his power! One can also put it this way: in one hour Caesar loves better than the heroes of minimum effort love for years! Thus Cleopatra escapes nothing at all when he, necessitated by a situation, dedicates his strength to a duty or the like. For the one who is not so victorious in battle cannot think about his beloved, even without a battle, as energetically as a Caesar himself. Unfortunately, women who themselves have no instinct for happiness cannot understand this at all. They would themselves have to be geniuses, and to notice that is it only he who concentrates energy upon his beloved who can love truly, a property that is again encountered only in the genius. Anyone who cannot work and think intently can only dispatch love to a minimal extent – a love that then offers him simply no exertion.

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That one does not automatically permit free relationships is only proper. A strong person needs them only in extreme circumstances, and fulfills his task in the most precise way, as if it were the most lawful thing to do. But the accomplishment of the stronger person should not be sacrificed to the vanity of the ordinary person and his need to imitate; for he will deduct from the maximum only a minimum for himself – that is, only the freedom of the relationship in itself, without obligations, without exertion, and only with the hypocritical plea to the model of the maximum. One indeed experiences day in, day out, how the heroes of the minimum manage their free relationships!

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{315} Artur Pollak turns down my invitation.

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© Translation William Drabkin.

Footnotes

1 George Bernard Shaw, Caesar and Cleopatra (1898).

2 In the manuscript, the first letter of "finden" is partly obscured by an ink-blot.