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Ser. A, {171}
12. September.

Floriz erlebt nach jahrelanger liebender Hingabe eine Farce, die ihn vielleicht umso härter treffen mag, als er im Verhältnis zur Frau nicht immer den klügsten Weg gegangen. Glücklicherweise ist das ihm zugefügte Unrecht so stark u. zeugt von so absurdem Wesen der Frau O., 1 daß es ihm desto leichter fallen wird, den Stachel aus dem Leibe zu reißen.

Vom Eheleben 2
Im Grunde hat die Natur beiden Geschlechtern den Kampf um's Leben auf der offenen Bühne der Wälder, Wiesen, Felsen u. Klippen vorgezeichnet; ob Männchen oder Weibchen ‒ jede Kr[e]atur sollte ihre Nahrung nur durch persönliche Anspannung erwerben. Die Kultur der Menschen hat im Laufe der Jahrtausende eine kleine Veränderung darin künstlich vollzogen, denn nicht mehr auf der offenen Bühne spielt sich der Lebenskampf ab, sondern auf dem Boden durchaus neugeschaffener Situationen, so daß auch Lüge, Betrug, Unkenntnis u. List gleichwohl zu Erwerb führen können. Indessen widerfährt auch dieser Korrektur der Menschen, wie all ihren Bestrebungen eine frühe Grenze, denn am Ende lauert doch wieder die Natur mit ihren ewigen Gesetzen, wovon sie nämlich eine wirkliche Ausnahme zu machen durchaus nicht gestattet. Man sehe nur die Folgen: Wo die Natur es möglich macht, daß der Mann seiner Frau den Kampf ums Leben erspart, rächt es sich an der letzteren, wenn sie die verfügbar gewordenen Kräfte nicht sonstwie, in oder außer Hause, regt. So sehr ist jeder Kraft die Tendenz mitgegeben, nach außen zu treten, daß es schwere Folgen kostet, dawider zu verstoßen. In dem von uns gemeinten Falle also büßt die Frau ihre Tatenlosigkeit, sofern sie vom Manne nicht genügenden Ersatz an Tätigkeit für die entgangene naturgemäße erhält. Wie wenig Männer sind aber in der Lage diesen Zusammenhang zu erwägen u. der Frau Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! Sie fordern Unnatürliches, wenn sie zwar selbst der durch den Le- {172} benskampf gebotenen Beschäftigung obliegen, die Kräfte der Frau aber ungenützt lassen u. dennoch von ihr physisches u. psychisches Gleichgewicht erwarten. Sie sind bestürzt, wenn die Frauen am Leben irre gehen u. begreifen nicht, wie sehr sie selbst daran schuld sind. Es ist eben Pflicht des Mannes, der Frau Spielraum für eine Tätigkeit zu geben, am besten freilich für eine, die sich an seine eigenen Ziele anschließt u. allemal wird der Mann büßen, der sich einer solchen Pflicht entzieht, sei es, daß er es mutwillig macht, oder daß er unvermögend ist, sie zu erfüllen. 3

In der Regel nimmt die Ehe leider nun folgenden tragischen Verlauf: Die erste Zeit wird mit dem natürlichen Vergnügen bestritten, sowie mit dem Wenigen, was der Mann der Frau, u. umgekehrt sie ihm an Stoff zu bieten vermag, der dem Beruf oder einer Reise, Lektüre u.s.w. entnommen wird. Nach sehr kurzer Frist aber ist der Mann mit seiner Weisheit leider zuende, u. vermag daher beim besten Willen der eigenen Frau nicht zu helfen. Da nun aber die Natur selbst die Reize der Frau nur bis zu einem gewissen Grade u. jedenfalls nur für kurze Frist ins Vordertreffen schickt, so erwartet der Mann in der verschlimmerten Situation vergeblich Hilfe von Seiten der Frau; denn wie sollte sie, die selbst nicht mehr Geförderte, soviel aufbringen, als nötig ist, um nebst den Kindern auch den Mann zu fördern. Es tritt nun ein, was eintreten muß: Die Unzulänglichkeit des Mannes macht auch die Frau versagen u. so, gegenseitig im Stiche gelassen, entfremden sich Mann u. Frau immer mehr, ohne daß von einer Erkenntnis u. Einsicht eine Besserung zu erwarten wäre. Nun drängt es den Mann, die Schuld lediglich bei der Frau anzunehmen, zumal er die Wahrnehmung macht, daß er in Gesellschaft einer fremden Frau sich angenehm angeregt fühlt. In Wahrheit liegt indessen die Sache anders, denn nur der Umstand, daß der Mann sein Weniges, das er zu geben hat, {173} a nun mehr an eine andere, die es von ihm noch nicht erhalten, gibt u. geben kann, bringt im Mann die Täuschung hervor, es lage das neu erworbene Vergnügen an der fremden Frau. In einem solchen Falle ist es nicht etwa eine Erweiterung u. Fortsetzung des Inhaltes im Mann, sondern die Gelegenheit, den alten Inhalt wiederkauen zu können, der die neue Freude schafft. Wie bequem ist es doch, mit immer demselben u. so wenigem Inhalt sich neue Freuden nur durch den Wechsel der Absatzgebiete zu erlisten. Die ewige Parole des Durchschnittsmenschen kommt also auch hier zur Erfüllung: Die Unfähigkeit u. Unlust zur Anstrengung.

*

Man wundert sich, daß weibliche Neugier in den Gerichtssaal, zu Sensationsromanen u. dgl. sich flüchtet, doch sehr mit: Unrecht! Denn auch die Neugier ist letzten End's ein organisches Bedürfnis, wie Hunger u. Liebe, u. will als solches eben erfüllt werden. Da aber die Frau von der Erfüllung der Neugier abgehalten wird, sei es, daß sie Mutter- u. Hauspflichten voran zu stellen hat, oder im gegebenen Milieu sowohl die Möglichkeit, als Förderung der Bildung entbehren muß, so ist es nur zu natürlich, wenn sie die Neugier auf allertiefstes richtet, nur um sie zur Entladung zu bringen. Man gebe den Frauen würdige Stoffe, womit sie ihren Kopf füllen könnten u. dem Übel ist bald abgeholfen. Ich übersehe nicht, daß die Hauptschwierigkeit freilich die ist, daß der Frau keine wahrhaft produktive Natur zu eigen ist u. daß folglich alles Interesse, selbst an den würdigsten Stoffen, sie nicht ganz, als gleichsam eine zweite Natur, auszufüllen vermag. Ich übersehe endlich ferner nicht, daß auch die Frau, ähnlich wie der Mann, Erfahrung, selbst bei Irrtum, der Lehre vorzieht, die an sie von außen herantritt. Gebe ich somit zu, daß die unproduktive Natur der Frau in eine produktive nicht verwandelt werden kann, so meine ich dennoch, daß eine ihr zunächst aufgezwungene Teilnahme an der Bildung, d.h. an der Welt u. deren Gegenständen auch ihre Neugier in der Folge adeln wird. Und gelänge es nur einmal den Männern, die {173} b sie zu lehren u. zu führen haben, die Lehren der Moral u. des Schönen wirklich überzeugend ihnen zu vermitteln, so wäre es, zumal unter Patronanz der Liebe, immerhin auch dieses einemal möglich, daß sie sich schon durch die Lehren von den Erfahrungen abhalten ließen, die ihnen doch nur Enttäuschungen bringen. Am allerwenigsten aber, u. hierin allein liegt der Kern der Frage, die Ironie der Situation, hat man solche Reife von den Männern selbst zu erwarten, die wahrscheinlich bis an's Ende aller Zeiten, u. mit Ausnahme nur der Genies, fortfahren werden, selbst das bitterste Erlebnis auf sich zu nehmen, bevor sie die Warnung des Genie glauben wollten.

*

© Transcription Ian Bent, 2019

Ser. A, {171}
September 12

After a long-standing relationship, Floriz experiences a farce that may perhaps hit him all the harder because he has not always taken the wisest course of action in his relationship with the lady. Fortunately, the wrong inflicted upon him is so severe and betokens O.'s so absurd character, 1 that he will have an easier time drawing the thorn from his flesh.

Married Life 2
In essence, Nature has, in two sexes, acted out the struggle for life on the open stage of forests, meadows, rocks, and cliffs. Whether man or woman, every creature has to acquire its nourishment solely through its own individual exertions. Human culture in the course of centuries has artificially engineered a small change to this such that ‒ since life's struggle no longer plays out on the open stage, but rather on the basis of thoroughly newly created situations ‒ even lying, betrayal, ignorance, and guile can lead to acquisition. However, an early restriction has come upon this correction that humans made, as upon all their strivings, for in the end Nature lies in waiting, with its eternal laws from which it permits absolutely no real exception. But consider the consequences: Where Nature makes it possible for the man to spare his wife the struggle for life, vengeance is wrought on the latter if she does not in some way or other, in or out of the house, take advantage of the powers that have been made available to her. So strong is the inclination that comes with each power to venture outside that it incurs grave consequences to contravene it. In such a case, the wife thus suffers for her inactivity insofar as she does not receive from her husband sufficient alternative activity to compensate for that which is naturally lost. How little, though, are men in a position to contemplate this relationship and to let justice be done to their wives. They demand the unnatural if they in fact apply themselves to the activity offered through the {172} fight for life, while allowing the wife's powers to go unutilized and nevertheless expecting her physical and psychological equilbrium. They are dismayed when women go astray in life and fail to grasp how very much they themselves are to blame. It is precisely the duty of the man to give room to the wife for an activity ‒ at best, admittedly, for one that accords with his own goals ‒ and the man who evades fulfilling such a duty, whether he does it wilfully or out of incapacity, will always have to atone for it. 3

As a rule, marriage sadly now takes the following tragic course: the first period of time is passed with natural contentment, as well as with whatever little the husband can offer his wife, and vice versa she him, by way of topics that relate to his work or a journey, something that has been read, etc. But after the initial very short period, the man is sadly at his wits' end and therefore with the best will in the world is incapable of helping his own wife. Since, however, Nature itself gives prominence to the appeal of the wife only to a certain degree and in any case only for a short time, the husband looks in vain, in the deteriorating situation, for help on the part of this wife. For how is she, herself no longer the one in the limelight, to summon up, as is necessary, enough to aid and abet her husband in addition to the children. What now happens is inevitable: the insufficiency of the husband makes even the wife give up hope; and so, having mutually foresaken one another, husband and wife grow ever further apart, failing to realize that with perception and introspection matters could be improved. Now the husband feels compelled to attribute the guilt solely to his wife, especially since he comes to realize that in the company of another woman he feels pleasantly animated. In truth, however, things are otherwise, for only the circumstance that the man gives and can now give {173} a to another woman, who has not previously received it from him, what little he has to give evinces in the man the delusion that the new-found enjoyment is due to the other woman. In such a case it is perhaps not an extension and expansion of the man's inner substance, but the opportunity to chew over the old substance, that creates the new joy. How comforting it surely is, with substance so limited and ever unvarying, to obtain new pleasures merely by a crafty change of target clientele. The eternal catchword of ordinary people thus comes to fulfillment here, too: the incapacity for and aversion toward self-exertion.

*

It is remarkable that feminine curiosity about the court of law takes refuge in the sensational novel and suchlike ‒ which is emphatically so very wrong-headed! For even curiosity is, like hunger and love, ultimately an organic need, and as such desires to be fulfilled. But since the woman is prevented from satisfying her curiosity, whether it be that she has to put motherly and domestic duties first or that in her given circumstances she has to forego both the possibility and the encouragement of personal education, then it is only too natural for her to direct her curiosity to the very lowest level in order merely to neutralize it. But give a women worthwhile subject matter with which she can fill her head and the problem is remedied. I do not overlook the chief difficulty, which admittedly is that a truly productive nature is not intrinsic to woman, and that in consequence all interest, even in the most worthwhile subject matter, is incapable of wholly satisfying her ‒ does not, so to speak, come as second nature to her. Nor, lastly, do I overlook furthermore that woman, like man, favors experience, even erroneous experience, gained from teaching that comes from external sources. If, therefore, I grant that the unproductive nature of woman cannot be transformed into a productive one, I nevertheless believe that any engagement in educational self-improvement ‒ i.e. in the world and its issues ‒ that is at first imposed upon her will ennoble her curiosity as a consequence. And if the men whose {173} b job it is to teach and guide women can only once succeed in imparting the teachings of ethics and aesthetics to them with true conviction, then, especially under the patronage of love, it would always be possible n this one occascion that, fortified by those teachings, they might be kept away from such experiences as reward them only with disillusionments. But at the very least ‒ and herein alone lies the heart of the matter, the irony of the situation ‒ such maturity has to be expected of the men themselves, who will probably continue to the very end of time, with the sole exception of the genius, taking upon themselves the bitterest experience before they will believe the warning of the genius.

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© Translation Ian Bent, 2019

Ser. A, {171}
12. September.

Floriz erlebt nach jahrelanger liebender Hingabe eine Farce, die ihn vielleicht umso härter treffen mag, als er im Verhältnis zur Frau nicht immer den klügsten Weg gegangen. Glücklicherweise ist das ihm zugefügte Unrecht so stark u. zeugt von so absurdem Wesen der Frau O., 1 daß es ihm desto leichter fallen wird, den Stachel aus dem Leibe zu reißen.

Vom Eheleben 2
Im Grunde hat die Natur beiden Geschlechtern den Kampf um's Leben auf der offenen Bühne der Wälder, Wiesen, Felsen u. Klippen vorgezeichnet; ob Männchen oder Weibchen ‒ jede Kr[e]atur sollte ihre Nahrung nur durch persönliche Anspannung erwerben. Die Kultur der Menschen hat im Laufe der Jahrtausende eine kleine Veränderung darin künstlich vollzogen, denn nicht mehr auf der offenen Bühne spielt sich der Lebenskampf ab, sondern auf dem Boden durchaus neugeschaffener Situationen, so daß auch Lüge, Betrug, Unkenntnis u. List gleichwohl zu Erwerb führen können. Indessen widerfährt auch dieser Korrektur der Menschen, wie all ihren Bestrebungen eine frühe Grenze, denn am Ende lauert doch wieder die Natur mit ihren ewigen Gesetzen, wovon sie nämlich eine wirkliche Ausnahme zu machen durchaus nicht gestattet. Man sehe nur die Folgen: Wo die Natur es möglich macht, daß der Mann seiner Frau den Kampf ums Leben erspart, rächt es sich an der letzteren, wenn sie die verfügbar gewordenen Kräfte nicht sonstwie, in oder außer Hause, regt. So sehr ist jeder Kraft die Tendenz mitgegeben, nach außen zu treten, daß es schwere Folgen kostet, dawider zu verstoßen. In dem von uns gemeinten Falle also büßt die Frau ihre Tatenlosigkeit, sofern sie vom Manne nicht genügenden Ersatz an Tätigkeit für die entgangene naturgemäße erhält. Wie wenig Männer sind aber in der Lage diesen Zusammenhang zu erwägen u. der Frau Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! Sie fordern Unnatürliches, wenn sie zwar selbst der durch den Le- {172} benskampf gebotenen Beschäftigung obliegen, die Kräfte der Frau aber ungenützt lassen u. dennoch von ihr physisches u. psychisches Gleichgewicht erwarten. Sie sind bestürzt, wenn die Frauen am Leben irre gehen u. begreifen nicht, wie sehr sie selbst daran schuld sind. Es ist eben Pflicht des Mannes, der Frau Spielraum für eine Tätigkeit zu geben, am besten freilich für eine, die sich an seine eigenen Ziele anschließt u. allemal wird der Mann büßen, der sich einer solchen Pflicht entzieht, sei es, daß er es mutwillig macht, oder daß er unvermögend ist, sie zu erfüllen. 3

In der Regel nimmt die Ehe leider nun folgenden tragischen Verlauf: Die erste Zeit wird mit dem natürlichen Vergnügen bestritten, sowie mit dem Wenigen, was der Mann der Frau, u. umgekehrt sie ihm an Stoff zu bieten vermag, der dem Beruf oder einer Reise, Lektüre u.s.w. entnommen wird. Nach sehr kurzer Frist aber ist der Mann mit seiner Weisheit leider zuende, u. vermag daher beim besten Willen der eigenen Frau nicht zu helfen. Da nun aber die Natur selbst die Reize der Frau nur bis zu einem gewissen Grade u. jedenfalls nur für kurze Frist ins Vordertreffen schickt, so erwartet der Mann in der verschlimmerten Situation vergeblich Hilfe von Seiten der Frau; denn wie sollte sie, die selbst nicht mehr Geförderte, soviel aufbringen, als nötig ist, um nebst den Kindern auch den Mann zu fördern. Es tritt nun ein, was eintreten muß: Die Unzulänglichkeit des Mannes macht auch die Frau versagen u. so, gegenseitig im Stiche gelassen, entfremden sich Mann u. Frau immer mehr, ohne daß von einer Erkenntnis u. Einsicht eine Besserung zu erwarten wäre. Nun drängt es den Mann, die Schuld lediglich bei der Frau anzunehmen, zumal er die Wahrnehmung macht, daß er in Gesellschaft einer fremden Frau sich angenehm angeregt fühlt. In Wahrheit liegt indessen die Sache anders, denn nur der Umstand, daß der Mann sein Weniges, das er zu geben hat, {173} a nun mehr an eine andere, die es von ihm noch nicht erhalten, gibt u. geben kann, bringt im Mann die Täuschung hervor, es lage das neu erworbene Vergnügen an der fremden Frau. In einem solchen Falle ist es nicht etwa eine Erweiterung u. Fortsetzung des Inhaltes im Mann, sondern die Gelegenheit, den alten Inhalt wiederkauen zu können, der die neue Freude schafft. Wie bequem ist es doch, mit immer demselben u. so wenigem Inhalt sich neue Freuden nur durch den Wechsel der Absatzgebiete zu erlisten. Die ewige Parole des Durchschnittsmenschen kommt also auch hier zur Erfüllung: Die Unfähigkeit u. Unlust zur Anstrengung.

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Man wundert sich, daß weibliche Neugier in den Gerichtssaal, zu Sensationsromanen u. dgl. sich flüchtet, doch sehr mit: Unrecht! Denn auch die Neugier ist letzten End's ein organisches Bedürfnis, wie Hunger u. Liebe, u. will als solches eben erfüllt werden. Da aber die Frau von der Erfüllung der Neugier abgehalten wird, sei es, daß sie Mutter- u. Hauspflichten voran zu stellen hat, oder im gegebenen Milieu sowohl die Möglichkeit, als Förderung der Bildung entbehren muß, so ist es nur zu natürlich, wenn sie die Neugier auf allertiefstes richtet, nur um sie zur Entladung zu bringen. Man gebe den Frauen würdige Stoffe, womit sie ihren Kopf füllen könnten u. dem Übel ist bald abgeholfen. Ich übersehe nicht, daß die Hauptschwierigkeit freilich die ist, daß der Frau keine wahrhaft produktive Natur zu eigen ist u. daß folglich alles Interesse, selbst an den würdigsten Stoffen, sie nicht ganz, als gleichsam eine zweite Natur, auszufüllen vermag. Ich übersehe endlich ferner nicht, daß auch die Frau, ähnlich wie der Mann, Erfahrung, selbst bei Irrtum, der Lehre vorzieht, die an sie von außen herantritt. Gebe ich somit zu, daß die unproduktive Natur der Frau in eine produktive nicht verwandelt werden kann, so meine ich dennoch, daß eine ihr zunächst aufgezwungene Teilnahme an der Bildung, d.h. an der Welt u. deren Gegenständen auch ihre Neugier in der Folge adeln wird. Und gelänge es nur einmal den Männern, die {173} b sie zu lehren u. zu führen haben, die Lehren der Moral u. des Schönen wirklich überzeugend ihnen zu vermitteln, so wäre es, zumal unter Patronanz der Liebe, immerhin auch dieses einemal möglich, daß sie sich schon durch die Lehren von den Erfahrungen abhalten ließen, die ihnen doch nur Enttäuschungen bringen. Am allerwenigsten aber, u. hierin allein liegt der Kern der Frage, die Ironie der Situation, hat man solche Reife von den Männern selbst zu erwarten, die wahrscheinlich bis an's Ende aller Zeiten, u. mit Ausnahme nur der Genies, fortfahren werden, selbst das bitterste Erlebnis auf sich zu nehmen, bevor sie die Warnung des Genie glauben wollten.

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© Transcription Ian Bent, 2019

Ser. A, {171}
September 12

After a long-standing relationship, Floriz experiences a farce that may perhaps hit him all the harder because he has not always taken the wisest course of action in his relationship with the lady. Fortunately, the wrong inflicted upon him is so severe and betokens O.'s so absurd character, 1 that he will have an easier time drawing the thorn from his flesh.

Married Life 2
In essence, Nature has, in two sexes, acted out the struggle for life on the open stage of forests, meadows, rocks, and cliffs. Whether man or woman, every creature has to acquire its nourishment solely through its own individual exertions. Human culture in the course of centuries has artificially engineered a small change to this such that ‒ since life's struggle no longer plays out on the open stage, but rather on the basis of thoroughly newly created situations ‒ even lying, betrayal, ignorance, and guile can lead to acquisition. However, an early restriction has come upon this correction that humans made, as upon all their strivings, for in the end Nature lies in waiting, with its eternal laws from which it permits absolutely no real exception. But consider the consequences: Where Nature makes it possible for the man to spare his wife the struggle for life, vengeance is wrought on the latter if she does not in some way or other, in or out of the house, take advantage of the powers that have been made available to her. So strong is the inclination that comes with each power to venture outside that it incurs grave consequences to contravene it. In such a case, the wife thus suffers for her inactivity insofar as she does not receive from her husband sufficient alternative activity to compensate for that which is naturally lost. How little, though, are men in a position to contemplate this relationship and to let justice be done to their wives. They demand the unnatural if they in fact apply themselves to the activity offered through the {172} fight for life, while allowing the wife's powers to go unutilized and nevertheless expecting her physical and psychological equilbrium. They are dismayed when women go astray in life and fail to grasp how very much they themselves are to blame. It is precisely the duty of the man to give room to the wife for an activity ‒ at best, admittedly, for one that accords with his own goals ‒ and the man who evades fulfilling such a duty, whether he does it wilfully or out of incapacity, will always have to atone for it. 3

As a rule, marriage sadly now takes the following tragic course: the first period of time is passed with natural contentment, as well as with whatever little the husband can offer his wife, and vice versa she him, by way of topics that relate to his work or a journey, something that has been read, etc. But after the initial very short period, the man is sadly at his wits' end and therefore with the best will in the world is incapable of helping his own wife. Since, however, Nature itself gives prominence to the appeal of the wife only to a certain degree and in any case only for a short time, the husband looks in vain, in the deteriorating situation, for help on the part of this wife. For how is she, herself no longer the one in the limelight, to summon up, as is necessary, enough to aid and abet her husband in addition to the children. What now happens is inevitable: the insufficiency of the husband makes even the wife give up hope; and so, having mutually foresaken one another, husband and wife grow ever further apart, failing to realize that with perception and introspection matters could be improved. Now the husband feels compelled to attribute the guilt solely to his wife, especially since he comes to realize that in the company of another woman he feels pleasantly animated. In truth, however, things are otherwise, for only the circumstance that the man gives and can now give {173} a to another woman, who has not previously received it from him, what little he has to give evinces in the man the delusion that the new-found enjoyment is due to the other woman. In such a case it is perhaps not an extension and expansion of the man's inner substance, but the opportunity to chew over the old substance, that creates the new joy. How comforting it surely is, with substance so limited and ever unvarying, to obtain new pleasures merely by a crafty change of target clientele. The eternal catchword of ordinary people thus comes to fulfillment here, too: the incapacity for and aversion toward self-exertion.

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It is remarkable that feminine curiosity about the court of law takes refuge in the sensational novel and suchlike ‒ which is emphatically so very wrong-headed! For even curiosity is, like hunger and love, ultimately an organic need, and as such desires to be fulfilled. But since the woman is prevented from satisfying her curiosity, whether it be that she has to put motherly and domestic duties first or that in her given circumstances she has to forego both the possibility and the encouragement of personal education, then it is only too natural for her to direct her curiosity to the very lowest level in order merely to neutralize it. But give a women worthwhile subject matter with which she can fill her head and the problem is remedied. I do not overlook the chief difficulty, which admittedly is that a truly productive nature is not intrinsic to woman, and that in consequence all interest, even in the most worthwhile subject matter, is incapable of wholly satisfying her ‒ does not, so to speak, come as second nature to her. Nor, lastly, do I overlook furthermore that woman, like man, favors experience, even erroneous experience, gained from teaching that comes from external sources. If, therefore, I grant that the unproductive nature of woman cannot be transformed into a productive one, I nevertheless believe that any engagement in educational self-improvement ‒ i.e. in the world and its issues ‒ that is at first imposed upon her will ennoble her curiosity as a consequence. And if the men whose {173} b job it is to teach and guide women can only once succeed in imparting the teachings of ethics and aesthetics to them with true conviction, then, especially under the patronage of love, it would always be possible n this one occascion that, fortified by those teachings, they might be kept away from such experiences as reward them only with disillusionments. But at the very least ‒ and herein alone lies the heart of the matter, the irony of the situation ‒ such maturity has to be expected of the men themselves, who will probably continue to the very end of time, with the sole exception of the genius, taking upon themselves the bitterest experience before they will believe the warning of the genius.

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© Translation Ian Bent, 2019

Footnotes

1 Frau O.: unknown. Letters from Heinrich and Jeanette refer to her as "Frau Oly," "Frau Olli" and "Olly" (OJ 6/5, [1], OJ 6/5, [2], August 18 and 26, 1911), diminutive, presumably, of a first name such as Olivia. Violin was not married at this time: he married on November 12, 1912 to Valerie ("Wally", "Vally") (maiden name unknown).

2 Cf. the long essay "Von den beiden Geschlechtern" ("Concerning the Two Sexes") in the diary entry for August 27, 1911.

3 No paragraph-break in source.