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Sbb B II 3549 - Handwritten letter from Schenker to Busoni, undated [c. September 1, 1903?]
Die Post hatte manche Wege zu mir, bis sie mir Ihren liebenswürdigen Brief gebracht; daher das gewünschte Umgehende meiner Antwort nicht schon früher sich ereignen könnte. Wie glücklich bin ich über Ihren Brief, u. überhaupt darüber, daß ein Mann Ihres Ranges mich zu fördern willens ist! Nun muß ich sagen, wie die Sache steht. Vor etwa drei Jahren habe ich die „S. T.“ mit einem Freund im Bösendorfersaal gespielt. 2 Dort gefielen sie einem Musiker, Namens Arnold Schönberg (der seither nach Berlin ausgewandert, u. über Empfehlung von R. Strauss 3 {2} das Liszt Stipendium für 3 Jahre erhalten hat) derart, daß er mich gebeten hat, die Sachen instrumentiren zu dürfen: 4 er ist nämlich ein virtuoser Instrumentator (soll auch interessante Partituren haben, wie man mir sagt), u. nährt sich in Noth mit Instrumentirung, genau so wie ich mit vor Jahren mich mit Schriftstellern [sic] zum Theil fortbringen mußte. Mir blieb nichts übrig, als mich über den spontanen Antrag Sch.’s zu freuen, verwies ihn aber auf den Verleger, dem ich die Sachen leider (‒ in Anbetracht dessen, daß sie sehr gut gehen) nur zu billig verkauft habe, ganz u. mit Umarbeitungen u.s.w. Und nun glaube ich, daß die Sachen bereits instrumentiert beim Verleger liegen, {3} nur daß sie entweder der Verleger Niemandem angetragen, oder Niemand acceptirt hat. Ich selbst hatte bedenken, die Sachen von vornherein selbst zu instrumentiren: mir schien es tactvoller, künstlerischer sie zunächst in 4-händ.-form zu geben, obgleich ich deutlich das Orchester im Kopfe hatte. – Nun bitte ich Sie, lieber, guter Freund mir zu sagen, ob Sie die Sachen in meiner eigenen Instrumentirung wünschen, oder ob Sie sie als von A. Schönberg instrumentirt, aufführen können. Im ersteren Falle müßte ich sie schleunigst über Hals u. Kopf machen, u. copiren lassen etc. Ich schrieb an den Verleger um Auskunft, ob Schönberg seinerzeit für ihn die Sache besorgt hat. Ich möchte durchaus die glückliche Wendung, die mir von Ihrer Seite kommt, festhalten {4} u. gerne möchte ich Ihnen meinen ersten Erfolg (denn an einen solchen glaube ich fest) verdanken. So haben Sie denn die Güte, mir zu antworten, ob die Instr. Schönberg’s Ihnen genügt: inzwischen wird auch hoffentlich mein Verleger Antwort geben u. sich so Alles klarstellen. Es wird Sie freuen zu hören, daß die Gesellschaftsconcerte u. die Singakademie Einiges von mir bringen wollen. Ach, käme das Alles zu Stande nur, denn ich habe es schon sehr, sehr not; den Kanpf, den ich wenig gefördert, seit meinem 13ten Lebensjahre, 5 führe, hat mich fast ganz aufgerieben. Dank, besten dank für Ihre so warmer Teilnahme! © Transcription Ian Bent, 2013, 2022 |
Your kind letter has gone a long way round before reaching me, which is why the return reply that you asked for has been so long delayed. How happy I am at your letter, happy above all that a man of your status is prepared to promote me! I must now tell you how matters stand. Some three years ago I played the Syrian Dances with a friend in the Bösendorfer-Saal. 2 On that occasion, they appealed to a musician named Arnold Schoenberg (who has since moved to Berlin, and who, on the recommendation of Richard Strauss, 3 {2} received the Liszt Stipend for three years), so much so that he asked me if he might orchestrate the pieces. 4 He is in fact a virtuoso orchestrator (also has some interesting scores [of his own], so people tell me), and earns his living by necessity from orchestration, just as I had to make my living a few years ago in part by journalistic writing. I had no option but to respond with pleasure to Schoenberg's spontaneous request, but referred him to my publisher, to whom I had regrettably sold the pieces too cheaply (considering that they sell very well), including all arrangements, etc. And now I believe that the pieces would be available ready orchestrated at the publisher, {3} except that either the publisher did not ask anyone, or no one took it on. I myself had thought about orchestrating them at the outset, [but] it seemed to me more tactful, more artistic, to give them first in piano four-hands form, albeit I had the sound of the orchestra clearly in my head. — Now let me ask you, dear, good friend, to tell me whether you wish to have the pieces in my own orchestration, or whether you can perform them as orchestrated by Arnold Schoenberg. In the former case, I would have as fast as possible to throw myself wholeheartedly into doing them, having them copied, etc. I wrote to the publisher to establish whether Schoenberg tackled the pieces for him at that time. I definitely would like to seize this golden opportunity that you are offering me, {4} and I should very much like it to be you to whom I owe my first success (for that is what I firmly believe it will be). So please kindly answer me whether Schoenberg's orchestration will suffice for you. In the meantime, let us hope my publisher will reply and the situation will be cleared up. You will be pleased to hear that the concerts of the Society for Friends of Music and the Singakademie are wanting to perform something of mine. Ah! If only all of this would materialize! For I am desperately in need. The fight that I have been waging with little support since the thirteenth year of my life 5 has all but worn me down completely. My thanks, my sincere thanks, for the keen interest [you have taken in me]! Your ever faithful devotee sends most cordial greetings to you and your wife, [signed:] Heinrich Schenker © Translation Ian Bent, 2013, 2022 |
Die Post hatte manche Wege zu mir, bis sie mir Ihren liebenswürdigen Brief gebracht; daher das gewünschte Umgehende meiner Antwort nicht schon früher sich ereignen könnte. Wie glücklich bin ich über Ihren Brief, u. überhaupt darüber, daß ein Mann Ihres Ranges mich zu fördern willens ist! Nun muß ich sagen, wie die Sache steht. Vor etwa drei Jahren habe ich die „S. T.“ mit einem Freund im Bösendorfersaal gespielt. 2 Dort gefielen sie einem Musiker, Namens Arnold Schönberg (der seither nach Berlin ausgewandert, u. über Empfehlung von R. Strauss 3 {2} das Liszt Stipendium für 3 Jahre erhalten hat) derart, daß er mich gebeten hat, die Sachen instrumentiren zu dürfen: 4 er ist nämlich ein virtuoser Instrumentator (soll auch interessante Partituren haben, wie man mir sagt), u. nährt sich in Noth mit Instrumentirung, genau so wie ich mit vor Jahren mich mit Schriftstellern [sic] zum Theil fortbringen mußte. Mir blieb nichts übrig, als mich über den spontanen Antrag Sch.’s zu freuen, verwies ihn aber auf den Verleger, dem ich die Sachen leider (‒ in Anbetracht dessen, daß sie sehr gut gehen) nur zu billig verkauft habe, ganz u. mit Umarbeitungen u.s.w. Und nun glaube ich, daß die Sachen bereits instrumentiert beim Verleger liegen, {3} nur daß sie entweder der Verleger Niemandem angetragen, oder Niemand acceptirt hat. Ich selbst hatte bedenken, die Sachen von vornherein selbst zu instrumentiren: mir schien es tactvoller, künstlerischer sie zunächst in 4-händ.-form zu geben, obgleich ich deutlich das Orchester im Kopfe hatte. – Nun bitte ich Sie, lieber, guter Freund mir zu sagen, ob Sie die Sachen in meiner eigenen Instrumentirung wünschen, oder ob Sie sie als von A. Schönberg instrumentirt, aufführen können. Im ersteren Falle müßte ich sie schleunigst über Hals u. Kopf machen, u. copiren lassen etc. Ich schrieb an den Verleger um Auskunft, ob Schönberg seinerzeit für ihn die Sache besorgt hat. Ich möchte durchaus die glückliche Wendung, die mir von Ihrer Seite kommt, festhalten {4} u. gerne möchte ich Ihnen meinen ersten Erfolg (denn an einen solchen glaube ich fest) verdanken. So haben Sie denn die Güte, mir zu antworten, ob die Instr. Schönberg’s Ihnen genügt: inzwischen wird auch hoffentlich mein Verleger Antwort geben u. sich so Alles klarstellen. Es wird Sie freuen zu hören, daß die Gesellschaftsconcerte u. die Singakademie Einiges von mir bringen wollen. Ach, käme das Alles zu Stande nur, denn ich habe es schon sehr, sehr not; den Kanpf, den ich wenig gefördert, seit meinem 13ten Lebensjahre, 5 führe, hat mich fast ganz aufgerieben. Dank, besten dank für Ihre so warmer Teilnahme! © Transcription Ian Bent, 2013, 2022 |
Your kind letter has gone a long way round before reaching me, which is why the return reply that you asked for has been so long delayed. How happy I am at your letter, happy above all that a man of your status is prepared to promote me! I must now tell you how matters stand. Some three years ago I played the Syrian Dances with a friend in the Bösendorfer-Saal. 2 On that occasion, they appealed to a musician named Arnold Schoenberg (who has since moved to Berlin, and who, on the recommendation of Richard Strauss, 3 {2} received the Liszt Stipend for three years), so much so that he asked me if he might orchestrate the pieces. 4 He is in fact a virtuoso orchestrator (also has some interesting scores [of his own], so people tell me), and earns his living by necessity from orchestration, just as I had to make my living a few years ago in part by journalistic writing. I had no option but to respond with pleasure to Schoenberg's spontaneous request, but referred him to my publisher, to whom I had regrettably sold the pieces too cheaply (considering that they sell very well), including all arrangements, etc. And now I believe that the pieces would be available ready orchestrated at the publisher, {3} except that either the publisher did not ask anyone, or no one took it on. I myself had thought about orchestrating them at the outset, [but] it seemed to me more tactful, more artistic, to give them first in piano four-hands form, albeit I had the sound of the orchestra clearly in my head. — Now let me ask you, dear, good friend, to tell me whether you wish to have the pieces in my own orchestration, or whether you can perform them as orchestrated by Arnold Schoenberg. In the former case, I would have as fast as possible to throw myself wholeheartedly into doing them, having them copied, etc. I wrote to the publisher to establish whether Schoenberg tackled the pieces for him at that time. I definitely would like to seize this golden opportunity that you are offering me, {4} and I should very much like it to be you to whom I owe my first success (for that is what I firmly believe it will be). So please kindly answer me whether Schoenberg's orchestration will suffice for you. In the meantime, let us hope my publisher will reply and the situation will be cleared up. You will be pleased to hear that the concerts of the Society for Friends of Music and the Singakademie are wanting to perform something of mine. Ah! If only all of this would materialize! For I am desperately in need. The fight that I have been waging with little support since the thirteenth year of my life 5 has all but worn me down completely. My thanks, my sincere thanks, for the keen interest [you have taken in me]! Your ever faithful devotee sends most cordial greetings to you and your wife, [signed:] Heinrich Schenker © Translation Ian Bent, 2013, 2022 |
Footnotes1 This letter is published in full in translation in Ian Bent, David Bretherton, and William Drabkin, eds., Heinrich Schenker: Selected Correspondence (Woodbridge: The Boydell Press, 2014), pp. 36–37. 2 January 26, 1900 in the Bösendorfer-Saal in Vienna, with Eduard Gärtner. 3 In a note from 1944, Schoenberg recalled: "Strauss, in 1902, having glanced through the (then unfinished) scores of my Pelleas and Gurrelieder, procured for me the 'Liszt Stiftung' for two years at 1,000 Marks yearly.": Joseph Auner, ed., A Schoenberg Reader: Documents of a Life (New Haven: Yale University Press, 2003), pp. 301‒02. 4 Seven letters from Schoenberg to Schenker dated 1903 survive: OJ 14/15, [1]–[7], and are available on this site. None of Schenker’s letters to Schoenberg are known to survive. 5 i.e. 1880/81: Schenker's oldest sibling, Marcus, died in 1880 (Federhofer (1985), p. 4), and it may be that Schenker ‒ the youngest child but one ‒ dated his sense of family responsibility not just to the death of his father Johann in 1887, after which he bore the main burden, but back to this time, when he perhaps had to hold his large family together: see diary entries for September 3‒5, 1927. (Thanks to Lee Rothfarb for his work on Schenker's education, and for this interpretation.) |
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Commentary
Digital version created: 2022-10-13 |