Browse by
OJ 13/37, 14 - Handwritten letter from Rudorff to Schenker, dated July 18, 1912
⇧ PROF. DR. ERNST RUDORFF GR. LICHTERFELDE-OST WILHELMSTRASSE 26. ⇧ zur Zeit Lauenstein in Hannover d. 18ten Juli 1912 Lieber Herr Professor! 1 Vor einigen Tagen rückte die „ 9te Symphonie “ über Lichterfelde hier bei mir ein, und gestern Abend folgte Ihr ebenso freundschaftlicher wie sehr interessanter Brief. 2 Für Beides nehmen Sie herzlichsten Dank! — Ich staune über Ihren Fleiß, oder beßer über die Fülle deßen, was Sie zu sagen haben. Wenn die eine 9te Symphonie Ihnen zum Anlaß genügt, {2} ein Buch zu schreiben, vor dem Volumen sämmtlicher Dramen Schiller’s in einem Bande, so muß man wohl Respekt bekommen, wenn man ihn nicht bereits haben sollte, wie die Feder unterzeichnete. Leider bin ich nun, bei meinerseits (gerade umgekehrt) sehr geringer Leistungsfähigkeit[,] von der Hand noch nicht im Stande mich in Ihr Buch zu vertiefen, weil eine Menge anderer Dinge vorliegt, die erledigt sein wollen, und die ich nach und nach abhaspeln muß. Mit Musik haben sie in der Hauptsache garnichts zu thun. — {3} Für heute nur noch Antwort auf Ihre Frage wegen der Beethoven ’schen Sonaten. 3 Nachdem ich seiner Zeit die Mozart ’schen Sonaten für die „Urtextausgabe“ vorbereitet hatte, sollte ich auch die Beethoven schen übernehmen. Aber meine Zeit war so überall besetzt, daß ich mich entschließen mußte, sie Karl Krebs (Professor an der Hochschule für Musik in B . [(]wie Sie wissen werden) anzuvertrauen, so zwar, daß ich immerhin die Oberaufsicht über das Ganze behielt. Krebs hat, so weit sein Vermögen {4} reicht, mit Gewissenhaftigkeit die Arbeit besorgt. Eigentlichen Vortheil besitzt er ja nur in geringem Maß. Er hat mich vielfach zu Rathe gezogen, hoffentlich ist trotzdem Nichts übersehen worden. [cued from upper margin:] Ein Revisionsbericht ist erschienen.[end cue] Was nun die Edur Sonate anlangt, so erinnere ich mich mit Bestimmtheit[,] daß das Autograph derselben in einem der großen Auktionskataloge der letzten Jahre (sei es Stargard, 4 Liepmannsohn ( Berlin ), Börner ( Leipzig ) 5 oder was) zum Verkauf ausgeboten wurde. Mir wurde ganz heiß bei dem Gedanken, daß es nur leider so gänzlich unmöglich war, der Käufer zu werden. [sideways in left margins: p. 4:] Fragen Sie bei Krebs an, wo das Manuskript hingekommen ist! Ich denke bestimmend, daß [p. 3:] er das weiß, und halte es für ziemlich wahrscheinlich, daß die Änderungen, die er in einer neuen Auflage der Ur- [p. 2] textausgabe an dem Stück vorgenommen hat, auf diesen Ursprung zurückzuführen sind. Nehmen Sie nochmals Dank und [p. 1:] herzlichsten Gruß Ihres allzeit ergebener [signed:] Ernst Rudorff [sideways in left margin, p. 1:] Eben fällt mir ein, daß die Handschrift vielleicht Joachim gehörte, dann hätte Börner sie ausgeboten. © Transcription Ian Bent, 2018 |
⇧ PROF. ERNST RUDORFF GROSSLICHTERFELDE-EAST WILHELMSTRASSE 26 ⇧ currently at Lauenstein in Hannover July 18, 1912 Dear Professor, 1 A few days ago your Ninth Symphony landed here at my place via Lichterfelde, and yesterday evening your friendly and very interesting letter 2 followed. For both of these, please accept most cordial thanks! I am astounded by your industry, or rather at the richness of what you have to say. If the Ninth Symphony on its own offers you enough {2} to write a book about ‒ a book that is greater in size than the one-volume collected dramas of Schiller ‒ then that must surely be deserving of respect were you not already in possession of it, as my pen has endorsed. Sadly I am now, for my part (quite the opposite), of only very limited capacity and not yet remotely in a position to engross myself in your book, because I have a host of other things that cry out to be dealt with, and that I must chip away at one at a time. In the main, they have nothing whatsoever to do with music. — {3} For today, just to answer your question about the Beethoven sonatas: 3 At that time, after I had prepared the Mozart sonatas for the "Urtext edition," I was due also to take over the Beethoven sonatas. However, my time was committed on so many fronts that I had no alternative but to entrust them to Karl Krebs (Professor at the Hochschule für Musik in Berlin (as you will know), such that I retained oversight of the whole operation. Krebs has, so far as his abilities {4} extend, taken care of the work with scrupulous attention. Any real advantage that he possesses is admittedly only very slight. He has consulted me several times; let's hope nothing has been overlooked. [cued from upper margin:] An editorial commentary has been issued.[end cue] Now as regards the E major Sonata, I distinctly recall that the autograph manuscript of it was offered for sale in one of the big auction catalogs of recent years (maybe Stargardt, 4 Liepmannssohn (Berlin), Börner (Leipzig) 5 or the like). I was consumed by the thought that it was regrettably just so utterly impossible to become its buyer. [sideways in left margins: p. 4:] Inquire of Krebs where the manuscript finished up! I'm sure [p. 3:] he knows, and I think it fairly likely that the changes he has introduced into the piece in a new imprint of the Urtext [p. 2:] edition have their origins in that. Once again, accept my thanks and [p. 1:] most cordial greetings, Your ever devoted [signed:] Ernst Rudorff [sideways in left margin, p. 1:] It occurs to me now that the manuscript perhaps belonged to Joachim, and then that Börner offered it for sale. © Translation Ian Bent, 2018 |
⇧ PROF. DR. ERNST RUDORFF GR. LICHTERFELDE-OST WILHELMSTRASSE 26. ⇧ zur Zeit Lauenstein in Hannover d. 18ten Juli 1912 Lieber Herr Professor! 1 Vor einigen Tagen rückte die „ 9te Symphonie “ über Lichterfelde hier bei mir ein, und gestern Abend folgte Ihr ebenso freundschaftlicher wie sehr interessanter Brief. 2 Für Beides nehmen Sie herzlichsten Dank! — Ich staune über Ihren Fleiß, oder beßer über die Fülle deßen, was Sie zu sagen haben. Wenn die eine 9te Symphonie Ihnen zum Anlaß genügt, {2} ein Buch zu schreiben, vor dem Volumen sämmtlicher Dramen Schiller’s in einem Bande, so muß man wohl Respekt bekommen, wenn man ihn nicht bereits haben sollte, wie die Feder unterzeichnete. Leider bin ich nun, bei meinerseits (gerade umgekehrt) sehr geringer Leistungsfähigkeit[,] von der Hand noch nicht im Stande mich in Ihr Buch zu vertiefen, weil eine Menge anderer Dinge vorliegt, die erledigt sein wollen, und die ich nach und nach abhaspeln muß. Mit Musik haben sie in der Hauptsache garnichts zu thun. — {3} Für heute nur noch Antwort auf Ihre Frage wegen der Beethoven ’schen Sonaten. 3 Nachdem ich seiner Zeit die Mozart ’schen Sonaten für die „Urtextausgabe“ vorbereitet hatte, sollte ich auch die Beethoven schen übernehmen. Aber meine Zeit war so überall besetzt, daß ich mich entschließen mußte, sie Karl Krebs (Professor an der Hochschule für Musik in B . [(]wie Sie wissen werden) anzuvertrauen, so zwar, daß ich immerhin die Oberaufsicht über das Ganze behielt. Krebs hat, so weit sein Vermögen {4} reicht, mit Gewissenhaftigkeit die Arbeit besorgt. Eigentlichen Vortheil besitzt er ja nur in geringem Maß. Er hat mich vielfach zu Rathe gezogen, hoffentlich ist trotzdem Nichts übersehen worden. [cued from upper margin:] Ein Revisionsbericht ist erschienen.[end cue] Was nun die Edur Sonate anlangt, so erinnere ich mich mit Bestimmtheit[,] daß das Autograph derselben in einem der großen Auktionskataloge der letzten Jahre (sei es Stargard, 4 Liepmannsohn ( Berlin ), Börner ( Leipzig ) 5 oder was) zum Verkauf ausgeboten wurde. Mir wurde ganz heiß bei dem Gedanken, daß es nur leider so gänzlich unmöglich war, der Käufer zu werden. [sideways in left margins: p. 4:] Fragen Sie bei Krebs an, wo das Manuskript hingekommen ist! Ich denke bestimmend, daß [p. 3:] er das weiß, und halte es für ziemlich wahrscheinlich, daß die Änderungen, die er in einer neuen Auflage der Ur- [p. 2] textausgabe an dem Stück vorgenommen hat, auf diesen Ursprung zurückzuführen sind. Nehmen Sie nochmals Dank und [p. 1:] herzlichsten Gruß Ihres allzeit ergebener [signed:] Ernst Rudorff [sideways in left margin, p. 1:] Eben fällt mir ein, daß die Handschrift vielleicht Joachim gehörte, dann hätte Börner sie ausgeboten. © Transcription Ian Bent, 2018 |
⇧ PROF. ERNST RUDORFF GROSSLICHTERFELDE-EAST WILHELMSTRASSE 26 ⇧ currently at Lauenstein in Hannover July 18, 1912 Dear Professor, 1 A few days ago your Ninth Symphony landed here at my place via Lichterfelde, and yesterday evening your friendly and very interesting letter 2 followed. For both of these, please accept most cordial thanks! I am astounded by your industry, or rather at the richness of what you have to say. If the Ninth Symphony on its own offers you enough {2} to write a book about ‒ a book that is greater in size than the one-volume collected dramas of Schiller ‒ then that must surely be deserving of respect were you not already in possession of it, as my pen has endorsed. Sadly I am now, for my part (quite the opposite), of only very limited capacity and not yet remotely in a position to engross myself in your book, because I have a host of other things that cry out to be dealt with, and that I must chip away at one at a time. In the main, they have nothing whatsoever to do with music. — {3} For today, just to answer your question about the Beethoven sonatas: 3 At that time, after I had prepared the Mozart sonatas for the "Urtext edition," I was due also to take over the Beethoven sonatas. However, my time was committed on so many fronts that I had no alternative but to entrust them to Karl Krebs (Professor at the Hochschule für Musik in Berlin (as you will know), such that I retained oversight of the whole operation. Krebs has, so far as his abilities {4} extend, taken care of the work with scrupulous attention. Any real advantage that he possesses is admittedly only very slight. He has consulted me several times; let's hope nothing has been overlooked. [cued from upper margin:] An editorial commentary has been issued.[end cue] Now as regards the E major Sonata, I distinctly recall that the autograph manuscript of it was offered for sale in one of the big auction catalogs of recent years (maybe Stargardt, 4 Liepmannssohn (Berlin), Börner (Leipzig) 5 or the like). I was consumed by the thought that it was regrettably just so utterly impossible to become its buyer. [sideways in left margins: p. 4:] Inquire of Krebs where the manuscript finished up! I'm sure [p. 3:] he knows, and I think it fairly likely that the changes he has introduced into the piece in a new imprint of the Urtext [p. 2:] edition have their origins in that. Once again, accept my thanks and [p. 1:] most cordial greetings, Your ever devoted [signed:] Ernst Rudorff [sideways in left margin, p. 1:] It occurs to me now that the manuscript perhaps belonged to Joachim, and then that Börner offered it for sale. © Translation Ian Bent, 2018 |
Footnotes1 Receipt of this letter is not recorded in Schenker's diary. We do know, however, that Schenker received and replied to it, for in OJ 13/37, 15, August 7, 1912, Rudorff thanks him for his latest written communication. This was at a time when, of course, the Schenkers were on vacation, at Paneveggio, in the Tyrol. 2 Schenker's letter is not known to survive. 3 Schenker was at this time searching for the autograph sources of the late Beethoven piano sonatas in preparation for his Erläuterungsausgabe (1913‒20). Theodor von Frimmel had alerted him to the existence of Krebs's Urtext edition on June 17, 1912 (OJ 11/10, [13]), hence this inquiry. A letter from Krebs responding to an inquiry from Schenker as to the whereabouts of the autograph manuscript of Op. 109, dated August 30, 1912, exists at OJ 12/21, [1], and another concerning that of Op. 101 and Op. 106, dated April 27, 1913 exists as OC B/277. 4 Originally founded in Berlin in 1830 as a book and music shop, Joseph A. Stargardt (1822‒85) moved the firm over to the antiquarian side of the book trade and specialized in autograph letters and manuscripts, issuing periodic auction catalogues. The firm exists today as J. A. Stargardt Autographenhandlung, Kurfürstendamm, Berlin. 5 C. G. Boerner, Auktions-Institut, Kunst- und Buchantiquariat, Universitätsstraße 26, Leipzig, founded in 1826, still in existence today. |