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OJ 11/35, 1 - Handwritten letter from Halm to Schenker, dated January 4, 1917
Ich danke Ihnen für Ihren freundlichen Brief. 1 Einstweilen werden Sie vermutlich mein V. Klavierheft 2 erhalten haben. Gewinnt es Ihre Zuneigung, so sende ich Ihnen gern noch mehr von meinen Sachen. — Den erwähnten Aufsatz über Klavierunterricht gab ich Auftrag, Ihnen zu senden, falls er nicht schon im Satz ist. Er sollte längst im „Neuen Österreich“ erscheinen u. wird immer hingehalten. Baron Eberhard von Wächter in [?Harmersdorf] bei Wien hat ihn als Redakteur dieser Zeitschrift angenommen; 3 seit langem bin ich ohne Nachricht; die letzterhaltene lautete auf Setzermangel. Ich hoffe, das Erscheinen Ihres „Kontrapunkts,“ das ich schon im voraus {2} freudig begrüße, möge nicht durch solche Kalamitäten verzögert werden! Sie Schreiben von „meinem Buch“; ich nehme an, daß es mein erstes ist: „Von 2 Kulturen der Musik“. 4 Ist Ihnen das jüngste: „Von Grenzen u. Ländern der Musik (Gesammelte Aufsätze)“ bekannt? Ich möchte Sie auf den Aufsatz: „Rhythmik u. Vortragsdynamik“ S. 155-161 aufmerksam machen. 5 Ich erlaube mir, einen Prospekt meiner Violinschule beizulegen, den Sie vielleicht gern lesen. 6 Ich glaube, der ganze Jammer, gegen den Sie zu feld ziehen, ruht auf dem heutigen Unterrichtswesen. {3} Die Kretzschmar u. Bekker usw. hätten sich doch nicht als Musikschriftsteller auftun können, wenn das Publikum nicht zur Rat- u. Urteilslosigkeit erzogen worden. 7 © Transcription Lee Rothfarb, 2006 |
Thank you for your friendly letter. 1 In the interim you will presumably have received my fifth piano volume. 2 If you are sympathetic toward it, I will gladly send you more of my things. ‒ I requested that the aforementioned essay on piano instruction be sent to you, in case it has not already been typeset. It was supposed to appear some time ago in Neues Österreich and is continually delayed. As editor of that periodical, Baron Eberhard von Wächter in [?Harmersdorf], near Vienna, accepted it; 3 I have been without news for some time; the last news indicated a shortage of typesetters. I hope that the appearance of your Counterpoint , which I {2} eagerly anticipate, may not be delayed by such calamities! You write of "my book"; I assume you mean my first one: Of Two Cultures of Music. 4 Are you familiar with the newest one: Of Borders and Countries of Music (Collected Essays)? I would like to direct to your attention the essay "Rhythm and Performance Dynamics," pages 155‒161. 5 I take the liberty of enclosing a brochure of my violin method, which you will perhaps care to read. 6 I believe the whole misery against which you take the field rests on the current educational system. {3} The Kretzschmars and Bekkers, etc., could never have risen so far if the public were not reared to such helplessness and lack of judgment. 7 © Translation Lee Rothfarb, 2006 |
Ich danke Ihnen für Ihren freundlichen Brief. 1 Einstweilen werden Sie vermutlich mein V. Klavierheft 2 erhalten haben. Gewinnt es Ihre Zuneigung, so sende ich Ihnen gern noch mehr von meinen Sachen. — Den erwähnten Aufsatz über Klavierunterricht gab ich Auftrag, Ihnen zu senden, falls er nicht schon im Satz ist. Er sollte längst im „Neuen Österreich“ erscheinen u. wird immer hingehalten. Baron Eberhard von Wächter in [?Harmersdorf] bei Wien hat ihn als Redakteur dieser Zeitschrift angenommen; 3 seit langem bin ich ohne Nachricht; die letzterhaltene lautete auf Setzermangel. Ich hoffe, das Erscheinen Ihres „Kontrapunkts,“ das ich schon im voraus {2} freudig begrüße, möge nicht durch solche Kalamitäten verzögert werden! Sie Schreiben von „meinem Buch“; ich nehme an, daß es mein erstes ist: „Von 2 Kulturen der Musik“. 4 Ist Ihnen das jüngste: „Von Grenzen u. Ländern der Musik (Gesammelte Aufsätze)“ bekannt? Ich möchte Sie auf den Aufsatz: „Rhythmik u. Vortragsdynamik“ S. 155-161 aufmerksam machen. 5 Ich erlaube mir, einen Prospekt meiner Violinschule beizulegen, den Sie vielleicht gern lesen. 6 Ich glaube, der ganze Jammer, gegen den Sie zu feld ziehen, ruht auf dem heutigen Unterrichtswesen. {3} Die Kretzschmar u. Bekker usw. hätten sich doch nicht als Musikschriftsteller auftun können, wenn das Publikum nicht zur Rat- u. Urteilslosigkeit erzogen worden. 7 © Transcription Lee Rothfarb, 2006 |
Thank you for your friendly letter. 1 In the interim you will presumably have received my fifth piano volume. 2 If you are sympathetic toward it, I will gladly send you more of my things. ‒ I requested that the aforementioned essay on piano instruction be sent to you, in case it has not already been typeset. It was supposed to appear some time ago in Neues Österreich and is continually delayed. As editor of that periodical, Baron Eberhard von Wächter in [?Harmersdorf], near Vienna, accepted it; 3 I have been without news for some time; the last news indicated a shortage of typesetters. I hope that the appearance of your Counterpoint , which I {2} eagerly anticipate, may not be delayed by such calamities! You write of "my book"; I assume you mean my first one: Of Two Cultures of Music. 4 Are you familiar with the newest one: Of Borders and Countries of Music (Collected Essays)? I would like to direct to your attention the essay "Rhythm and Performance Dynamics," pages 155‒161. 5 I take the liberty of enclosing a brochure of my violin method, which you will perhaps care to read. 6 I believe the whole misery against which you take the field rests on the current educational system. {3} The Kretzschmars and Bekkers, etc., could never have risen so far if the public were not reared to such helplessness and lack of judgment. 7 © Translation Lee Rothfarb, 2006 |
Footnotes1 The letter from Schenker to which this replies appears not to survive. 2 Halm's piano compositions appeared in five volumes, published by Zumsteeg (Stuttgart): vol. 1 (1911); vol. 2 (1914); vol. 3 (1914), vol. 4 (1911), vol. 5 (Bagatelles, no date). 3 A town called Harmersdorf lies roughly 80 kilometers (50 miles) west of Vienna. 4 Halm, Von zwei Kulturen der Musik (Munich: G. Müller, 1913). 5 Halm, Von Grenzen und Ländern der Musik: gesammelte Aufsätze (Munich: G. Müller, 1916). 6 Halm’s violin method (Violinübung) embraces three volumes: vol. 1, Stuttgart: Zumsteeg, 1916; vol. 2 (unpublished); vol. 3, Kassel: Bärenreiter, 1930.
7 Halm is rephrasing here
from something he wrote in an essay years before, "Von der
Faustischen Krankheit" (1912), in Von Form und Sinn der
Musik, ed. Siegfried Schmalzriedt (Wiesbaden: Breitkopf und Härtel, 1978),
75-76: "Denn nicht was die Bekker oder Kretzschmar … oder andere irgend einmal in
ihren schwachen Stunden denken, ist von Belang, sondern was sie so schreiben durften, was man
geduldig zu lesen den Unverstand hatte … Was man vielmehr gehen, sich gehen, was man wachsen
und wuchern ließ. Zeugen doch solche Pilze von einem Boden, der mit Unbildung gedüngt, mit
Unglauben unterwachsen, der verkommen und von schlechten Händen bestellt ist. Nur etwas mehr
Wissen von Musik, etwas mehr Glauben an sie: und Licht und Sonne hätten die Maden gar nicht
aufkommen lassen. Der Kunstschriftsteller, dem die wichtigsten künstlerischen Dinge stumm
sind, möge seinen Beruf wechseln und immerhin vielleicht über anderes zu reden versuchen.".
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