22. IX. 32. Berlin

Lieber verehrter Herr Dr. Schenker 1

Meine Absicht, Sie im Laufe des Sommers in Igls zu besuchen, konnte ich leider nicht ausführen, weil ich in letzter Stunde, entgegen meinem Vorhaben, nicht in die Schweiz und daher auch nicht in Ihre Nähe gekommen bin. Ich fühlte mich auffallend wenig wohl längere Zeit hindurch (Schlaflosigkeit) und mußte mich entschließen, die von meinen Ferien noch übrigbleibende Zeit zu Kuren zu verwenden, die schließlich darin endeten, daß ich [word delete and illegible] nach einiger Zeit zu guterletzt nach Wien ins Cottage - {2} Sanatorium gegangen bin, um mich nach allen Regeln der Kunst und dem neuesten Stande der medizin. Wissenschaft untersuchen zu lassen. Man fand nicht viel, erklärte mich für einen sehr „leichten“ Fall: Trotzdem bereue ich diesen Aufenthalt weniger als schon manchen früheren in Wien; ich befinde mich jetzt wieder wohl und arbeitskräftig.

Daß ich Sie nicht gesehen habe, ist mir sehr leid. Ich hoffe, daß Sie mit Ihrer Erholung zufrieden sind, und hoffe Sie bei meinem nächsten Aufenthalt in Wien wieder wie das letztemal besuchen zu dürfen. Ich werde übrigens im kommenden Winter öfters nach Wien kommen, 2 u. a. zu dem Brahms -Fest der Deutschen Brahms-Gesellschaft. 3 Wissen Sie jemanden, der anläßlich dieses Festes den Fest-Vortrag halten kann? (Oder würden Sie {3} gar selber so etwas tun wollen?) [two words deleted and illegible]

Mit vielen guten und herzlichen Wünschen, und der Bitte mich auch Ihrer Frau bestens zu empfehlen, bin ich


Ihr ergebener
[signed:] Wilhelm Furtwängler

Ich bitte Sie, die Güte zu haben, beiliegenden Brief an den Adressaten, dessen gegenwärtige Adresse mir unbekannt ist, weiterleiten zu wollen. Besten Dank im Voraus!

Wie geht es Ihren Arbeiten?

© Transcription Christoph Hust, 2008


September 22, 1932 Berlin

Dear, revered Dr. Schenker 1

Sadly, I was unable to execute my plan to visit you in Igls during the course of the summer, because at the last moment, contrary to my intentions, I failed to get to Switzerland, nor, thus, [was I] ever within reach of you. I had been feeling surprisingly less than well for a good while (insomnia), and was obliged to resolve to spend the remainder of my vacation undergoing treatment, the upshot of which was that shortly afterwards I finally went into the Cottage {2} Sanatorium in Vienna to have a thorough-going check-up according to the very latest of medical science. They did not find much, and proclaimed me a very "mild" case. Nevertheless, I regret this sojourn in Vienna less than many earlier ones; I am now feeling well and ready for work again.

I am very sorry not to have seen you. I hope you are pleased with your vacation, and I hope to be able to pay you a visit again during my next stay in Vienna, as last time. I will at any rate be in Vienna frequently during the coming winter, 2 among other reasons for the Brahms Festival of the German Brahms Society. 3 Do you know of anyone who can give the ceremonial address on the occasion of this Festival? (Or would you care to do so {3} yourself?)

With cordial best wishes; in asking you to remember me to your wife, I remain,


Yours truly,
[signed:] Wilhelm Furtwängler

[P.S.] Please be so kind as to forward the enclosed letter to its addressee, whose present address is unknown to me. My thanks in anticipation!

[P.P.S.] How is your work going?

© Translation Ian Bent, 2008


22. IX. 32. Berlin

Lieber verehrter Herr Dr. Schenker 1

Meine Absicht, Sie im Laufe des Sommers in Igls zu besuchen, konnte ich leider nicht ausführen, weil ich in letzter Stunde, entgegen meinem Vorhaben, nicht in die Schweiz und daher auch nicht in Ihre Nähe gekommen bin. Ich fühlte mich auffallend wenig wohl längere Zeit hindurch (Schlaflosigkeit) und mußte mich entschließen, die von meinen Ferien noch übrigbleibende Zeit zu Kuren zu verwenden, die schließlich darin endeten, daß ich [word delete and illegible] nach einiger Zeit zu guterletzt nach Wien ins Cottage - {2} Sanatorium gegangen bin, um mich nach allen Regeln der Kunst und dem neuesten Stande der medizin. Wissenschaft untersuchen zu lassen. Man fand nicht viel, erklärte mich für einen sehr „leichten“ Fall: Trotzdem bereue ich diesen Aufenthalt weniger als schon manchen früheren in Wien; ich befinde mich jetzt wieder wohl und arbeitskräftig.

Daß ich Sie nicht gesehen habe, ist mir sehr leid. Ich hoffe, daß Sie mit Ihrer Erholung zufrieden sind, und hoffe Sie bei meinem nächsten Aufenthalt in Wien wieder wie das letztemal besuchen zu dürfen. Ich werde übrigens im kommenden Winter öfters nach Wien kommen, 2 u. a. zu dem Brahms -Fest der Deutschen Brahms-Gesellschaft. 3 Wissen Sie jemanden, der anläßlich dieses Festes den Fest-Vortrag halten kann? (Oder würden Sie {3} gar selber so etwas tun wollen?) [two words deleted and illegible]

Mit vielen guten und herzlichen Wünschen, und der Bitte mich auch Ihrer Frau bestens zu empfehlen, bin ich


Ihr ergebener
[signed:] Wilhelm Furtwängler

Ich bitte Sie, die Güte zu haben, beiliegenden Brief an den Adressaten, dessen gegenwärtige Adresse mir unbekannt ist, weiterleiten zu wollen. Besten Dank im Voraus!

Wie geht es Ihren Arbeiten?

© Transcription Christoph Hust, 2008


September 22, 1932 Berlin

Dear, revered Dr. Schenker 1

Sadly, I was unable to execute my plan to visit you in Igls during the course of the summer, because at the last moment, contrary to my intentions, I failed to get to Switzerland, nor, thus, [was I] ever within reach of you. I had been feeling surprisingly less than well for a good while (insomnia), and was obliged to resolve to spend the remainder of my vacation undergoing treatment, the upshot of which was that shortly afterwards I finally went into the Cottage {2} Sanatorium in Vienna to have a thorough-going check-up according to the very latest of medical science. They did not find much, and proclaimed me a very "mild" case. Nevertheless, I regret this sojourn in Vienna less than many earlier ones; I am now feeling well and ready for work again.

I am very sorry not to have seen you. I hope you are pleased with your vacation, and I hope to be able to pay you a visit again during my next stay in Vienna, as last time. I will at any rate be in Vienna frequently during the coming winter, 2 among other reasons for the Brahms Festival of the German Brahms Society. 3 Do you know of anyone who can give the ceremonial address on the occasion of this Festival? (Or would you care to do so {3} yourself?)

With cordial best wishes; in asking you to remember me to your wife, I remain,


Yours truly,
[signed:] Wilhelm Furtwängler

[P.S.] Please be so kind as to forward the enclosed letter to its addressee, whose present address is unknown to me. My thanks in anticipation!

[P.P.S.] How is your work going?

© Translation Ian Bent, 2008

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 4/5, p. 3776, September 26, 1932: "Von Furtwängler (Br.; ein geschossener [sic] Brief zur Weiterbeförderung an Weisse): entschuldigt sein Fernbleiben (Igls), war im Wiener Cottage-Sanatorium, fühlt sich leidend; wird im Winter öfter in Wien sein; ladet sich pro futuro ein, fragt ob ich nicht die Festrede beim Brahms-Fest halten wolle." ("From Furtwängler (letter; a sealed letter to be forwarded to Weisse): apologizes for absence (Igls); he was in the Vienna Cottage Sanatorium, is feeling ill; will be in Vienna more frequently in the winter [and] invites himself for the future; asks whether I would like to give the ceremonial address at the Brahms Festival.").

2 "Ich werde ..." ("I will ..."): marked in pencil by Schenker, and with a pencil cross in the left margin.

3 The Deutsche Brahms-Gesellschaft had been founded in Berlin in 1906; it published the collected Brahms correspondence and Max Kalbeck's biography of Brahms between 1906 and 1930. On the festival, Schenker wrote in his diary on May 16 and 20, 1933 (OJ 4/6, pp. 3833–3834, 3835); Furtwängler gave the ceremonial address himself, see OC B/452.