z. Zt. Graudenz, d. 27. 8. 16.

Lieber Herr Doktor! 1

Für einige Zeit bin ich bei meinem Truppenteil. Möglicherweise komme ich nach Wilna. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ich ganz entlassen werde, da eine diesbezügliche, von „höchster“ Stelle befürwortete Sache in Berlin schwebt. Sollte dies letztere wirklich eintroffen im Laufe des September, dann würde ich natürlich sofort nach Wien kommen. Darf ich Sie nun um eins bitten: mir an meine Berliner Adresse (Charlottenburg Neue Kantstrasse 1) mitzuteilen, ob die Stelle eines Musikkritikers am „Abend{2} noch bis zum 1. Oktober frei ist? 2 Sie schrieben mir seinerzeit etwas darüber. Natürlich kann ich im Augenblick noch nichts Bestimmtes sagen wegen meiner Entlassung; aber die Möglichkeit ist vorhanden. Und das erweckt natürlich gleich die Hoffnung auf Wien in mir.

Ich bin hier „dauernd garnisondienstfähig“ geschrieben worden; bin aber nicht geheilt! Und jetzt kommt wieder die schlimme Jahreszeit. –

Wie geht es Ihnen?


Seien Sie vielmals gegrüsst
von Ihrem hoffenden
[signed:] Walter Dahms

© Transcription John Koslovsky, 2012


presently at Graudenz, August 27, 1916

Dear Dr. [Schenker], 1

For some time now I have been with my unit. Possibly I am going to Wilna. It is also not to be ruled out that I could be discharged entirely, since a related and favorable case in Berlin is pending in the "highest" ranks. If this last possibility were really to come about in the course of September, then naturally I would come to Vienna right away. May I ask of you just one thing: could you write to my Berlin address (Charlottenburg, Neue Kantstrasse 1) if the position of music critic at Der Abend {2} will still be vacant on October 1? 2 You wrote to me some time ago about this. Of course at the moment I am still not able to say anything definite regarding my discharge; but the possibility is there. And that naturally awakens in me at the same time the hope of Vienna.

Here I have been assigned to "ongoing garrison service"; but I have not healed! And now again the terrible season comes. –

How are you?


Many greetings to you,
from your hopeful
[signed:] Walter Dahms

© Translation John Koslovsky, 2012


z. Zt. Graudenz, d. 27. 8. 16.

Lieber Herr Doktor! 1

Für einige Zeit bin ich bei meinem Truppenteil. Möglicherweise komme ich nach Wilna. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass ich ganz entlassen werde, da eine diesbezügliche, von „höchster“ Stelle befürwortete Sache in Berlin schwebt. Sollte dies letztere wirklich eintroffen im Laufe des September, dann würde ich natürlich sofort nach Wien kommen. Darf ich Sie nun um eins bitten: mir an meine Berliner Adresse (Charlottenburg Neue Kantstrasse 1) mitzuteilen, ob die Stelle eines Musikkritikers am „Abend{2} noch bis zum 1. Oktober frei ist? 2 Sie schrieben mir seinerzeit etwas darüber. Natürlich kann ich im Augenblick noch nichts Bestimmtes sagen wegen meiner Entlassung; aber die Möglichkeit ist vorhanden. Und das erweckt natürlich gleich die Hoffnung auf Wien in mir.

Ich bin hier „dauernd garnisondienstfähig“ geschrieben worden; bin aber nicht geheilt! Und jetzt kommt wieder die schlimme Jahreszeit. –

Wie geht es Ihnen?


Seien Sie vielmals gegrüsst
von Ihrem hoffenden
[signed:] Walter Dahms

© Transcription John Koslovsky, 2012


presently at Graudenz, August 27, 1916

Dear Dr. [Schenker], 1

For some time now I have been with my unit. Possibly I am going to Wilna. It is also not to be ruled out that I could be discharged entirely, since a related and favorable case in Berlin is pending in the "highest" ranks. If this last possibility were really to come about in the course of September, then naturally I would come to Vienna right away. May I ask of you just one thing: could you write to my Berlin address (Charlottenburg, Neue Kantstrasse 1) if the position of music critic at Der Abend {2} will still be vacant on October 1? 2 You wrote to me some time ago about this. Of course at the moment I am still not able to say anything definite regarding my discharge; but the possibility is there. And that naturally awakens in me at the same time the hope of Vienna.

Here I have been assigned to "ongoing garrison service"; but I have not healed! And now again the terrible season comes. –

How are you?


Many greetings to you,
from your hopeful
[signed:] Walter Dahms

© Translation John Koslovsky, 2012

Footnotes

1 Receipt of this letter is recorded in Schenker's diary at OJ 2/3, p. 400, September 1, 1916: "Von Dahms (Br.): neue Addresse, hofft gänzlich entlassen zu werden, u. erkundigt sich nach dem Referat beim „Abend“. ("From Dahms (letter): new address; hopes to be entirely discharged, and inquires after the reviewer position at Der Abend.").

2 That Schenker pursued this matter, and the outcome, is clear from Schenker's diary at OJ 2/4, p. 419, September 12, 1916: "An Fr. Colbert (Br.): [...] Frage wegen Dahms an, ob der Referentenposten definitiv besetzt ist." ("To Mrs Colbert (letter): [...] I ask on behalf of Dahms whether the post of reviewer has been definitively filled."); at ibid p. 427, September 18, 1916 (Carl Colbert was editor of Der Morgen and Der Abend): "Von Herrn Colbert (Br.): Kann leider meinen „Wunsch“ nicht erfüllen, da seit einigen Tagen Herr Pisling engagiert sei." ("From Mr. Colbert (letter): Unfortunately cannot fulfil my "wish," since Mr. Pisling was appointed a few days ago."). (Schenker's reply to Colbert survives as OC 1B/13, September 18, 1916.)